Die Verteidigungsminister der EU-Staaten haben in einer Videokonferenz über sicherheitspolitische Lehren aus der Corona-Pandemie beraten. Die Krise sollte ein zusätzlicher Antreiber für Zusammenarbeit innerhalb der EU sein, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstagabend im Anschluss.
Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gebe es eine wachsende Nachfrage nach Unterstützung vonseiten des Militärs, so Borrell. Um diese zu beantworten, könnten auch laufende Projekte der EU-Kooperationsplattform PESCO hilfreich sein. Eines von ihnen sieht zum Beispiel den Aufbau eines europäischen Sanitätskommandos vor. Über das Kommando sollen medizinische Fähigkeiten bereitgestellt und besser koordiniert werden können.
An der Videokonferenz nahm auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) teil. Sie betonte im Vorfeld den Informationsaustausch, einen Frühwarnmechanismus sowie die Unterstützung der zivilen Behörden durch die Streitkräfte. Gleichzeitig müsse das Militär auch die Durchführung von EU-Missionen und -Operationen fortsetzen können. Tanner wünscht sich eine bessere Anpassungsfähigkeit bei Planung und Durchführung der Auslandseinsätze an sich ändernde Umstände wie die Covid-19-Pandemie, allerdings im Rahmen des bestehenden Mandats.
Nationalstaaten stoßen an ihre Grenzen
Die Krise zeige deutlich, dass die Nationalstaaten an ihre Grenzen stoßen, sagte die Verteidigungsministerin. Daher gebe es keinen anderen Weg als eine engere europäische Sicherheitskooperation und Fokussierung aller Maßnahmen auf einen integrierten EU-Ansatz.
Thema bei der Videokonferenz war auch die Vetodrohung Maltas gegen den neuen EU-Militäreinsatz für Libyen. Dies bestätigte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Anschluss an die Sitzung. Wie eine Lösung des Konflikts aussehen könnte, sagte der Spanier allerdings nicht. Er verwies lediglich darauf, dass sich Malta mit seiner Haltung selbst schaden könnte. Ziel der Operation Irini sei eine Stabilisierung Libyens und diese wiederum sei Voraussetzung für eine Kontrolle des Zustroms von Migranten über das zentrale Mittelmeer, erklärte Borrell in einer Online-Pressekonferenz nach den Gesprächen mit den Verteidigungsministern. Die Vorwürfe, dass die Operation möglicherweise dem libyschen General Haftar helfe, wies er zurück. Es gehe darum, aus der Luft und vom Meer aus jeglichen Waffenschmuggel zu überwachen.
Malta will ausständige Entscheidungen zur Ausweitung und Finanzierung von "Irini" verhindern, solange nicht zusätzliche Anstrengungen zur Lösung der sich wieder zuspitzenden Migrationskrise im Mittelmeer unternommen werden. An der Mission, die offiziell seit Anfang April läuft, will sich das Bundesheer mit bis zu 15 Soldaten beteiligen. Die EU-Militäroperation sieht vor, dass vor allem Schiffe vor der Küste Libyens überprüft werden, die unter Verdacht stehen, Waffen oder dazugehöriges Material zu transportieren. Sie soll auch Informationen über illegale Ölexporte aus Libyen sowie gewerbsmäßigen Menschenschmuggel sammeln und einen Beitrag zur Ausbildung der libyschen Küstenwache und Marine leisten. Die Zentrale von "Irini" ("EUNAVFOR MED IRINI") soll im Rom sein.