Am Beispiel der Stadt New York hat sich in der Ausbruchphase der Pandemie schnell gezeigt, was den Unterschied zwischen ärmeren und reicheren Bevölkerungsteilen ausmacht. Während in der Millionenmetropole die Busfahrer und Burgerverkäufer und Taxifahrer weiter ihre Jobs machten - weil ihnen nichts anderes übrig blieb - zogen die bessergestellten in ihre Ferienhäuser in den schicken Landregionen. Oder gleich in die große Villa in den Hamptons. Wer es sich leisten kann, lebt also gut erträglich weiter sein Leben. Wer nicht, muss es jeden Tag riskieren.

Dieses Gefälle zeigt sich nicht nur in den Favelas Brasiliens oder in den dicht besiedelten Gebieten Afrikas oder Indiens, es bildet sich auch in den Ländern Europas ab. In Schweden etwa, das wegen seines eher lockeren Umgangs bei den Alltagsbeschränkungen unter internationaler Beobachtung steht, treten die meisten Corona-Fälle in Altersheimen auf - und verhältnismäßig in jenen Stadtvierteln Stockholms, in denen es einen hohen Migrantenanteil gibt, etwa aus Somalia. Hier leben mehr Menschen auf engem Raum und auch die Kommunikation über nötige Verhaltensweisen kommt oft nicht an.

Auch in Großbritannien sterben Menschen aus armen und benachteiligten Regionen doppelt so häufig an den Folgen einer Infektion mit dem Coronavirus wie Bessergestellte. Dies geht aus einer am Freitag veröffentlichten Studie der nationalen Statistikbehörde hervor.

Doppelt so hohe Sterblichkeitsrate

Die britische Statistikbehörde hat rund 20.000 Covid-19 Todesfälle zwischen dem 1. März und dem 17. April untersucht und dabei festgestellt, dass die Sterblichkeitsrate in den am meisten benachteiligten Gebieten des Landes besonders hoch ist. Dort liegt sie demnach bei 55,1 Toten pro 100.000 Einwohnern. Zum Vergleich: In den am wenigsten benachteiligten Gebieten lag sie lediglich bei 25,3 Toten pro 100.000 Einwohnern.

Als benachteiligt gelten Regionen, die eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosen- und Kriminalitätsrate aufweisen und in denen der Zugang zur Gesundheitsversorgung eingeschränkt ist. Die Sterblichkeitsrate sei in diesen Gebieten auch in normalen Zeiten höher als andernorts, "aber Covid-19 scheint dies noch zu verstärken", sagte Nick Stripe, Analyst der Statistikbehörde.

Unter den am stärksten betroffenen Gebieten ist auch die Hauptstadt London mit 85,7 Todesfällen pro 100.000 Einwohnern. Am wenigsten betroffen ist der Südwesten Großbritanniens.

Einer Studie des Institute of Fiscal Studies zufolge sterben zudem Angehörige ethnischer Minderheiten in Großbritannien häufiger an den Folgen einer Coronavirus-Infektion. Sie arbeiten demnach häufiger in Berufen, in denen sie dem Risiko einer Infektion stärker ausgesetzt sind als andere. "Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass 63 Prozent des am Coronavirus verstorbenen Gesundheitspersonals schwarz waren oder einer ethnischen Minderheit angehörten", sagte Tim Cook, Honorarprofessor an der Universität von Bristol.

UNO warnt: Hunderttausende Kinder könnten sterben

Hunderttausende Kinder könnten den Vereinten Nationen zufolge dieses Jahr weltweit infolge von Coronakrise und globaler Rezession sterben. Ausbleibende Einnahmen würden arme Familien zu Einsparungen im Bereich der Gesundheit und Nahrungsmittelversorgung zwingen, was insbesondere Kinder, Schwangere und stillende Mütter treffe, erklärte UNO-Generalsekretär António Guterres.

Zudem hätten einige Länder Impfkampagnen gegen Polio und Masern eingestellt, beklagte Guterres. Durch die Folgen der Pandemie könnten laut dem von Guterres vorgestellten Bericht "die Fortschritte der letzten zwei bis drei Jahre bei der Verringerung der Kindersterblichkeit in nur einem Jahr" umgekehrt werden. "Ich appelliere an Familien überall und an Führungskräfte auf allen Ebenen: Schützen Sie unsere Kinder", so Guterres.

Eine Gefahr würden auch die Schulschließungen bergen, von denen laut UNO weltweit 1,5 Milliarden Kinder in 188 Ländern betroffen sind. Mehr als 300 Millionen von ihnen seien auf die Schule auch deshalb angewiesen, weil die Mahlzeiten dort für sie ein elementarer Bestandteil der Ernährung seien. Doch auch im Bildungsbereich könnten sich die Unterschiede zwischen starken und schwachen Regionen noch weiter ausprägen: "Einige Schulen bieten Fernunterricht an, dies steht jedoch nicht allen zur Verfügung. Kinder in Ländern mit langsamem und teurem Internet sind stark benachteiligt", so Guterres.

"Was als Notfall für die öffentliche Gesundheit begann, hat sich zu einem gewaltigen Test für das globale Versprechen entwickelt, niemanden zurückzulassen", sagte der UNO-Generalsekretär weiter. Dem Bericht zufolge litten Kinder weltweit unter den Corona-Maßnahmen, katastrophale Auswirkungen aber könnten sie vor allem für jene Millionen Minderjährige haben, die in Slums, Camps für Flüchtlinge und Vertriebene oder in Kriegs- und Krisengebieten leben.