Lange Zeit lief alles gut: Singapur, südost-asiatischer Stadtstaat mit 5,8 Millionen Einwohnern, hatte seine Lektion aus der Sars-Epidemie 2003 gelernt und stellte sich Covid-19 entschlossen entgegen: Man traf rasche Entscheidungen, führte frühzeitig Beschränkungen und Kontrollen bei Flügen aus China und strikte Quarantäne ein; dazu kam ein effizientes Nachverfolgen aller Personen, die mit Infizierten Kontakt hatten.
Und doch zeigt sich nun, dass auch die vergleichsweise gut vorbereitete Handelsmetropole damit zu kämpfen hat, das Virus dauerhaft unter Kontrolle zu behalten. Singapur verzeichnete gestern einen Rekord-Anstieg. Binnen 24 Stunden seien mehr als 1400 neue Fälle registriert worden, teilten die Gesundheitsbehörden mit. Das ist der bisher größte Anstieg an einem Tag. Damit gibt es in Singapur mehr als 8000 Infizierte, elf von ihnen starben.
Noch sind die Ursachen nicht eindeutig klar. Doch scheint das viel gelobte „Tracing“, die lückenlose Nachverfolgung der Infektionswege, an seine Grenzen zu stoßen. Die meisten Infektionen seien auf Sammelunterkünfte für Gastarbeiter zurückzuführen, so die Behörden. Rund 200.000 Menschen, viele davon Bauarbeiter aus ganz Asien, teilen sich Schlafräume für 10 bis 20 Bewohner. Die engen Wohnverhältnisse rächen sich nun. Unter Menschen mit ständigem Wohnsitz und Staatsangehörigkeit Singapurs gab es weniger Neuinfektionen.
Zweite Welle
Bis Ende Februar war es Singapur gelungen, die Zahl der Fälle unter 100 registrierten Infizierten zu halten – obwohl Geschäfte und Dienstleister weiter offen hielten. Dass sich die Lage seit Mitte März erheblich veränderte und die Zahlen nach oben schnellten, wird von Experten der sogenannten zweiten Welle zugeschrieben, zu der aber nicht nur die Entwicklung unter den Wanderarbeitern beitrug, sondern auch die vielen Rückkehrer aus dem Ausland – überwiegend Staatsbürger Singapurs, aber auch ausländische Geschäftsleute und deren Familien. Für sie alle gelten nun strikte Quarantänevorschriften; zudem hat Singapur mehrfach die Regeln zur Einreise verschärft. Seit dem 7. April gilt nun auch in Singapur ein Lockdown.