Zwei Wochen nach dem Beginn der Ausgangssperren und wenige Tage nach der Schließung nicht strategischer Industrien in ganz Italien wegen der Coronakrisedroht die Sicherheitslage im Süden des Landes zu kippen: Die Finanzhilfen der Regierung kommen den dort geschätzten vier Millionen Schwarzarbeitern nicht zugute.
Vor diesem Hintergrund wächst die Sorge vor Armutsrevolten in den unterentwickelten Landesteilen zwischen Neapel und Sizilien. So weigerten sich in Palermo vor wenigen Tagen ein gutes Dutzend Kunden, für die Waren in ihren Einkaufswagen zu bezahlen. Seit der Festnahme von 13 Verdächtigen bewachen Polizeieinheiten die Einkaufszentren. In Rom rissen Diebe einer Frau beim Besteigen ihres Wagens nicht die Handtasche, sondern volle Einkaufssackerl aus der Hand.
Die italienische Regierung plant wegen der wachsenden Not, die Gruppe der Berechtigten für einen einmaligen Bonus von 600 Euro für Corona-Betroffene zu erweitern. Von heute an lässt sie über die Kommunen 400 Millionen Euro in Form von Lebensmittelgutscheinen verteilen.
„Wir wissen, dass viele Menschen leiden“, erklärte Ministerpräsident Giuseppe Conte. Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri lehnt in dieser Situation zwar eine Erweiterung der vor Kurzem eingeführten Grundversorgung ab, da sie nicht für Notlagen wie diese geschaffen worden sei, aber nicht nur Selbstständige und Saisonarbeiter, sondern alle Bürger, die keine Einkommensquellen hätten, sollten von dem 600-Euro-Bonus profitieren. „Niemand darf sich alleingelassen fühlen“, erklärte der Wirtschaftsminister.
Die Mafia wittert ihre Chance
In der Corona-bedingten Not von Bürgern und Unternehmen wittert das organisierte Verbrechen die Chance. Der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, machte Mafiaclans für Internetaufrufe zu Überfällen auf Supermärkte verantwortlich. Auch Mangel an Liquidität bei Unternehmern in der Krise und Gelder für den Wiederaufbau danach locken laut Polizei Mafiaclans an. Diese ließen illegal erworbenes Geld als Darlehen an Unternehmer in Geldnot reinwaschen.
Ziel der Mafiaclans sei es, von den Finanzströmen in den Wiederaufbau von Landwirtschaft, Gesundheit, Tourismus und Gastronomie zu profitieren, sagt der Generaldirektor für Verbrechensbekämpfung, Francesco Messina.
Indessen steigt die Zahl der Coronainfizierten in Italien weiter rasant an: Mindestens 4000 Krankenpfleger sind bereits infiziert, berichtete der Verband der italienischen Krankenpfleger FNOPI.
Experten warnen außerdem: „50 Prozent der Krankenpfleger und Ärzte laufen Gefahr, ein Burn-out zu erleiden. Viele von ihnen haben selbst Angehörige, die an Covid-19 gestorben sind. Sie arbeiten trotzdem weiter“, berichtete Emi Bondi, Direktorin der Abteilung für psychische Gesundheit des Krankenhauses Papa Giovanni XXIII. Sie berichtete vom Fall einer Ärztin aus der Provinz Bergamo, die ihren Ehemann und ihre Mutter verloren habe – und weiterarbeite.