Die Maßnahmen der britischen Regierung im Kampf gegen das neuartige Coronavirus verändern das Londoner Stadtbild: Angesichts der Aufforderung der Regierung, auf "nicht zwingende" Sozialkontakte zu verzichten, ließen zahlreiche Unternehmen ihre Mitarbeiter am Dienstag zu Hause arbeiten, in der U-Bahn waren nur wenige unterwegs. Das Außenministerium rief zum Verzicht auf Auslandsreisen auf.
Briten auf dem Weg ins Ausland müssten mit zahlreichen Einreisebeschränkungen und Ausgangssperren an ihren Zielorten rechnen, erklärte Außenminister Dominic Raab. "Ich habe mich deshalb entschieden, allen britischen Staatsbürgern von allen nicht zwingenden internationalen Reisen abzuraten." Die Anweisungen gelten zunächst für 30 Tage.
Beobachter erwarten allerdings, dass die Regierung in London in den kommenden Tagen weitere Einschränkungen des Alltags verkünden wird. Dazu könnte auch eine dreimonatige Ausgangssperre für Menschen mit schweren Vorerkrankungen zählen. Im Laufe des Dienstags wollte die Regierung dem Parlament die Details von Notstandsgesetzen wegen des Coronavirus vorlegen.
Massive Kritik
An den vergleichsweise lockeren Maßnahmen von Premierminister Boris Johnson zur Eindämmung des Coronavirus hatte es massive Kritik gegeben. So hatte Johnson noch am Montag etwa angekündigt, auf Versammlungsverbote oder Schulschließungen wie in anderen Ländern verzichten zu wollen. Nach Warnungen von Wissenschaftern, wonach bei einer zu laxen Reaktion auf die Pandemie Hunderttausende Menschen in Großbritannien und den USA an den Folgen einer Coronavirus-Infektion sterben könnten, zeichnete sich jedoch ein Kurswechsel der Regierung ab.
Die 30 Mitglieder eines Krisenreaktionsteams des Imperial College London forderten in einem wissenschaftlichen Artikel ein "intensives" Programm zur Eindämmung des Virus. Konkret schlugen sie "eine Kombination aus sozialer Distanzierung der gesamten Bevölkerung, häuslicher Isolation Infizierter und häuslicher Quarantäne ihrer Familienmitglieder" vor. Die Maßnahmen sollten laut den Forschern so lange andauern, bis ein Impfstoff verfügbar sei. Dies könne "möglicherweise 18 Monate oder länger" dauern.