In Russland haben beide Parlamentskammern die geplante Verfassungsreform abschließend gebilligt und damit weitere Amtszeiten von Präsident Wladimir Putin ermöglicht. Ungeachtet eines Verbots für Großveranstaltungen ab 5.000 Teilnehmern wegen des Coronavirus-Ausbruchs rief die Opposition für Freitag zu Massenprotesten in Moskau und anderen Städten auf.

Aus Protest gegen die neuen Bestimmungen versammelten sich dutzende Demonstranten am Mittwoch in der Nähe des Kreml. "Putin bis 2036, es ist einfach unvorstellbar", sagte der Organisator der Demonstration, Ilja Asar, der Nachrichtenagentur AFP. "Der Mensch, der Russland in Chaos und ins Unglück gestürzt hat, könnte für den Rest seines Lebens an der Macht bleiben - was könnte schlimmer sein?", sagte der Demonstrant Alexej Minjailo.

Kommunisten enthielten sich

In dritter und letzter Lesung stimmten am Mittwoch 383 Duma-Abgeordnete für die Verfassungsänderungen, 43 Abgeordnete der Kommunisten enthielten sich. Auch im Föderationsrat stimmte die Mehrheit der Senatoren für die umstrittene Reform.

Die Reform muss nun noch von zwei Dritteln der Regionalparlamente bewilligt werden. Am 22. April soll dann die Bevölkerung über die Verfassungsänderungen abstimmen.

Die Verfassungsreform stärkt das Parlament und auch die Rolle des Präsidenten. Eine am Dienstag eingefügte und vom Parlament beschlossene Änderung ermöglicht Putin weitere Amtszeiten als Präsident. Mit Inkrafttreten der neuen Verfassung sollen seine bisherigen Amtszeiten nicht mehr gezählt werden - er könnte damit noch bei zwei weiteren Präsidentschaftswahlen antreten.

"Wir hatten genug Revolutionen"

Die Reform sieht zudem vor, dass das Parlament künftig den Regierungschef vorschlagen darf. Der Staatschef bekommt die Befugnis, Richter der oberen Gerichte des Landes zu entlassen und vom Parlament beschlossene Gesetze zurückzuweisen.

In einer seltenen Rede vor den Abgeordneten betonte Putin, dass das Verfassungsgericht den Änderungen noch zustimmen müsse. "Wir hatten genug Revolutionen", sagte der 67-jährige Staatschef. Putins vierte und bisher letzte Amtszeit endet 2024. Er könnte durch die Neuregelung letztlich bis 2036 Staatschef bleiben.

Putin-Verbündete begrüßten die Bewilligung der Änderungen durch das Parlament. "Ein Präsident, der davon ausgeschlossen wird, für eine weitere Amtszeit gewählt zu werden, kann keine starke Figur sein", sagte der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin. Putin nicht als Kandidat bei der nächsten Wahl zuzulassen, wäre ein "destabilisierender Faktor sowohl für die Innen- als auch die Außenpolitik", fügte er hinzu.

Auf Lebenszeit?

Der Duma-Vorsitzende Wjacheslaw Wolodon sagte, die Verfassungsänderungen würden Russland "stärken" und den Weg für die Zukunft des Landes bereiten.

Putin hatte Mitte Jänner überraschend eine Reihe von Änderungen am politischen System Russlands vorgeschlagen. Kritiker warfen ihm bereits damals vor, durch die Reform seine Macht erhalten zu wollen. Oppositionsführer Alexej Nawalny kritisierte, Putin wolle "Präsident auf Lebenszeit" werden. Die nun von der Duma abgesegneten Verfassungsänderungen beinhalten auch ein Verbot der Homo-Ehe, Mindestlöhne und die Kopplung der Pensionen an die Inflationsrate.