"Julian Assange ist kein Journalist", sagte James Lewis zu Beginn der Hauptanhörung in dem Auslieferungsverfahren, während vor dem Gebäude zahlreiche Unterstützer ihre Solidarität mit dem Wikileaks-Gründer bekundeten. Durch die illegale Veröffentlichung sensibler Daten seien US-Informanten in Ländern wie dem Irak oder Afghanistan in Gefahr gebracht worden, gefoltert oder getötet zu werden, so Lewis.
Edward Fitzgerald, der Anwalt von Assange, warnte unterdessen, sein Mandant sollte nicht an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden, da er dort kein faires Verfahren erhalten würde. Das Auslieferungsersuchen sei eher von der Politik, als von echten Verbrechen getrieben, sagte Fitzgerald weiter. Es wäre ungerecht und bedrückend, Assange wegen seines Geisteszustandes und des Selbstmordrisikos auszuliefern.
Der 48-jährige Australier wurde von zwei Sicherheitsleuten in das Staatsgericht von Woolwich im Südosten Londons gebracht. Im vollbesetzten Gerichtssaal drängten sich Unterstützer und Journalisten. Die britische Justiz muss entscheiden, ob der Auslieferungsantrag der USA eine Reihe rechtlicher Kriterien erfüllt, verhältnismäßig und mit den Menschenrechten vereinbar ist.
Eine Woche vor Gericht
Assange muss die ganze Woche vor Gericht erscheinen. Ab Mitte Mai wird das Verfahren fortgesetzt. Bei einer Anhörung im vergangenen Jahr hatte Assange gesagt, er wolle sich "nicht der Auslieferung ergeben, nur weil ich Journalismus betrieben habe, der viele Preise erhalten und viele Menschen geschützt hat".
Assanges Vater John Shipton prangerte eine "Unterdrückung des Journalismus" an, die sich in der Strafverfolgung gegen seinen Sohn manifestiere. Journalisten drohe dasselbe Schicksal, "sollte diese politische Auslieferung von Julian Assange erfolgreich sein", warnte Shipton.
Vor dem Gerichtsgebäude hielten Dutzende Demonstranten Banner mit der Aufschrift "Free Assange" (Lasst Assange frei) in die Höhe. An dem Protest gegen die Auslieferung Assanges in die USA beteiligten sich auch einige Anhänger der französischen Gelbwesten-Bewegung sowie die Modedesignerin Vivienne Westwood.
Im Hochsicherheitsgefängnis
Der Wikileaks-Gründer sitzt seit April 2019 in dem britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Zuvor hatte er sich sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London verschanzt, um einer Auslieferung an Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen und womöglich an die USA zu entgehen.
Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte 2010 und 2011 Hunderttausende geheime Papiere vor allem zum Irak-Krieg ins Internet gestellt, die ihr von der früheren US-Soldatin Chelsea Manning - vormals Bradley Manning - zugespielt worden waren. Sie enthielten hochbrisante Informationen über die US-Einsätze in dem Land, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen. Für besondere Bestürzung sorgte ein Video, das den tödlichen Beschuss irakischer Zivilisten durch einen US-Kampfhubschrauber im Jahr 2007 zeigt.
Dieser Coup brachte dem Australier den Ruf eines Helden der Informationsfreiheit ein, aber auch Kritik. Fünf internationale Zeitungen, die mit Wikileaks zusammenarbeiteten, warfen Assange die Gefährdung von Informanten vor, weil er Dokumente veröffentlichte, ohne die Quellen zu schwärzen.
Die USA beschuldigten Assange zunächst nur der Verschwörung zum Angriff auf Regierungscomputer. Im Mai 2019 wurde die Anklage erheblich verschärft. Wegen Verstoßes gegen Anti-Spionage-Gesetze erhob die US-Justiz Anklage in 17 weiteren Punkten.