Die Befürchtung, es könnte abermals zu Manipulationen im US-Präsidentschaftswahlkampf kommen, hätten ranghohe Geheimdienstmitarbeiter Abgeordneten des Repräsentantenhauses in einer vertraulichen Sitzung erklärt, berichteten am Donnerstagabend (Ortszeit) die "New York Times", die "Washington Post" und der Sender CNN. Ein Sprecher des Geheimdienstausschusses bestätigte demnach nur, dass es in der Anhörung der vergangenen Woche in der Tat um "die Integrität" der Präsidentschaftswahlen im November gegangen sei.
US-Präsident Donald Trump hat indes den Geheimdienstdirektor des Landes Medienberichten zufolge aus Wut darüber ausgetauscht, dass die Abgeordneten des Kongresses über eine erneute Einmischung Russlands in den Präsidentschaftswahlkampf informiert wurden.
Die Beraterin des bisherigen geschäftsführenden Koordinator der US-Geheimdienste, Joseph Maguire, soll den Abgeordneten in einer Sitzung am 13. Februar gesagt haben, dass Russland sich erneut zugunsten Trumps in den diesjährigen Wahlkampf einmische. Laut "New York Times" soll Trump insbesondere erbost über die Anwesenheit von Adam Schiff gewesen sein - des demokratischen Abgeordneten, der die Ermittlungen zum Amtsenthebungsverfahren gegen Trump geleitet hatte.
Russland hatte sich nach Überzeugung der US-Geheimdienste bereits 2016 zugunsten des republikanischen Kandidaten Donald Trump in den Wahlkampf eingemischt. Trump bestreitet das. Republikaner legten die Erkenntnisse der Geheimdienste so aus, dass Russland vor allem Chaos und Verunsicherung stiften wollte, nicht aber einen bestimmten Kandidaten unterstützte. Der Verdacht einer Zusammenarbeit zwischen Trumps Kampagne und Moskau führte nach der Wahl zu einer langen Untersuchung von Russland-Sonderermittler Robert Mueller.
Hacker und Social Media
Den Medienberichten zufolge deuten die neuen Erkenntnisse der Geheimdienste nun darauf hin, dass Russland sich dieses Jahr sowohl in die Vorwahlen der Demokraten als auch in die eigentliche Präsidentschaftswahl einmischen wolle - etwa durch Hackerangriffe, Instrumentalisierung sozialer Medien und Manipulation des Wahlablaufs. Es blieb jedoch zunächst unklar, welche Belege den Abgeordneten dafür im Einzelnen vorgelegt wurden. Einige der republikanischen Parlamentarier sollen die Glaubwürdigkeit der Erkenntnisse der Nachrichtendienste infrage gestellt haben, wie es weiter hieß.
Trump wollte die vertrauliche Unterrichtung des Parlaments den Berichten zufolge verhindern, um den Demokraten keine Munition gegen ihn zu geben. Sollte dies zutreffen, erklärte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, der Demokrat Adam Schiff, habe der Präsident die Bemühungen sabotiert, jede ausländische Einmischung bei der Wahl zu verhindern.
"Er tut genau das, wovor wir gewarnt hatten", schrieb Schiff auf Twitter. Damit spielte er offenbar auf das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump an, bei dem die Demokraten ihm vorgeworfen hatten, die Ukraine zur Wahlhilfe für sich zu nötigen.
"Russland mischt sich wieder ein"
Eine der Bewerberinnen um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten, die Senatorin Elizabeth Warren, warf Trump vor, "die Integrität unserer Demokratie" zu untergraben. "Russland mischt sich wieder in unsere Wahlen ein, damit Trump gewählt wird", schrieb sie mit Blick auf die Berichte auf Twitter.
Bei der Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller wurde geprüft, ob es im Präsidentschaftswahlkampf 2016 geheime Absprachen des Trump-Lagers mit Russland gab - und ob Trump die Justiz behindert hat. Für den ersten Punkt fand Mueller in seinem im März 2019 vorgestellten Abschlussbericht keine Beweise, den zweiten ließ er offen. Er betonte zugleich, dass er Trump damit nicht vom Vorwurf der Justizbehinderung entlaste. Trump hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen und von einer "Hexenjagd" gesprochen.
Die Russland-Ermittlungen sind getrennt von den Untersuchungen der Demokraten im US-Repräsentantenhaus in der Ukraine-Affäre zu sehen, die Grundlage für das - letztlich von den Republikanern im Senat gestoppte - Amtsenthebungsverfahren gegen Trump waren.
Revanche an Maguire
Die "Washington Post" berichtete, Maguire habe gute Karten gehabt, den Posten des Geheimdienstdirektors dauerhaft zu übernehmen. Trump habe sich aber gegen ihn gewendet, als er von der Unterrichtung der Abgeordneten erfahren habe. Der Präsident habe Maguire dann vergangene Woche im Oval Office wegen der "Illoyalität" von dessen Mitarbeitern gescholten und seine Chance auf die dauerhafte Übernahme des Geheimdienstdirektor-Postens zunichtegemacht.
Der demokratische Abgeordnete Bennie Thompson erklärte, indem Trump Maguire wegen der Russland-Unterrichtung gefeuert habe, weigere sich der Präsident nicht nur, sich gegen eine ausländische Einmischung zu verteidigen, er rufe geradezu dazu auf.
Trump hatte am Donnerstag den US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, zum neuen amtierenden US-Geheimdienstdirektor ernannt. Grenell gilt als treuer Mitarbeiter des Präsidenten und hat in der Vergangenheit Zweifel am Ausmaß der russischen Einmischung geäußert.