Der frühere thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat sich einem Medienbericht zufolge gegen Neuwahlen ausgesprochen. Stattdessen wolle er sich wieder einer Ministerpräsidentenwahl stellen, berichtete der Sender MDR am Freitag. Neuwahlen seien fahrlässig, weil Thüringen dann monatelang ohne Regierung wäre.
Ramelow schlage vor, zuerst die Wahl des Ministerpräsidenten zu ermöglichen. Dazu solle Regierungschef Thomas Kemmerich (FDP) die Vertrauensfrage stellen und scheitern. Darauf müsse man sich vorher verständigen. Dann könne Ramelow selbst bei einer neuen Wahl das Vertrauen erhalten. Wenn es dann geordnete Verhältnisse gebe, könne man auch mit ihm über Neuwahlen reden, zitierte der MDR Ramelow weiter.
FDP-Lindner hat Abstimmung überstanden
Die FDP-Spitze hat Parteichef Christian Lindner nach dem Eklat um die Wahl des Ministerpräsidenten im ostdeutschen Land Thüringen mit deutlicher Mehrheit das Vertrauen ausgesprochen. Linder erhielt am Freitag von 36 abgegebenen Stimmen 33 Ja-Stimmen und eine Nein-Stimme. Zwei Anwesende enthielten sich, wie mehre Medien unter Berufung auf Kreise in Berlin berichteten.
Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich war am Mittwoch überraschend mit Stimmen der CDU, der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) und der liberalen FDP zum neuen Thüringer Regierungschef gewählt worden war. Dies löste Empörung und Kritik aus, weil alle etablierten Parteien bisher eine Zusammenarbeit mit der AfD ablehnen. Lindner war unter Druck geraten, weil Kemmerich erklärt hatte, Lindner im Voraus über sein Vorgehen während der Ministerpräsidentenwahl vom Mittwoch informiert zu haben.
Linkspartei, SPD und Grüne würden bei einer Neuwahl in dem deutschen Bundesland Thüringen einer Umfrage zufolge mit 53 Prozent eine Mehrheit erreichen. Alle drei Parteien legten demnach gegenüber der Wahl im Oktober zu, ergab eine am Freitag veröffentlichte Erhebung des Forschungsinstituts Forsa im Auftrag von RTL/ntv. Die CDU wäre der große Verlierer.
Die Linkspartei allein könnte sechs Prozentpunkte gewinnen und käme somit auf 37 Prozent. Für die Sozialdemokraten würden demnach neun Prozent und für die Grünen sieben Prozent stimmen. Die rechtspopulistische AfD wiederum würde leicht auf 24 Prozent zulegen. Die Christdemokraten (CDU) wären die größten Verlierer und müsste Verluste von fast zehn Punkten auf zwölf Prozent hinnehmen. Die Liberale FDP würde mit vier Prozent den Einzug ins Parlament verpassen.
Fast drei Viertel der Befragten gaben an, dass der FDP-Kandidat Thomas Kemmerich seine Wahl zum Ministerpräsidenten mit Hilfe der AfD nicht hätte annehmen sollen.
Nach dem angekündigten Rücktritt des Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) will sich die CDU einer Rückkehr des früheren Regierungschefs Bodo Ramelow (Linke) nun wohl nicht mehr in den Weg stellen. CDU-Generalsekretär Raymond Walk sagte am Freitag, sollte Kemmerich die Vertrauensfrage im Parlament stellen und Ramelow erneut kandidieren, wäre es möglich, dass sich die CDU enthalte.
Damit könnte Ramelow ausreichend Stimmen bekommen, sagte der Christdemokrat im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR).
Der CDU-Fraktionschef im deutschen Bundesland Thüringen, Mike Mohring, wird sein Amt abgeben. Die Fraktion teilte am Freitag offiziell mit, die Abgeordneten hätten sich in ihrer Krisensitzung in der Nacht auf Freitag "auf Neuwahlen zum Fraktionsvorstand mit neuen Personen Ende Mai verständigt". Mohring werde dann "nicht wieder antreten".
Die thüringische Landes-CDU hat sich in stundenlangen Krisenberatungen nicht auf die Zustimmung zu raschen Neuwahlen einigen können. Bundeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer verwies bei Verlassen der Sitzung in der Nacht auf Freitag auf Initiativen der Parteien im thüringischen Landtag, "Stabilität im derzeitigen Parlament herzustellen".
Die CDU werde "diese Bemühungen unter Wahrung ihrer Grundsätze nicht blockieren", sagte sie. "Klar ist auch, sollten diese Gespräche scheitern, stehen am Ende unausweichlich Neuwahlen."
In der CDU in Thüringen war von einem "sehr intensiven, teilweise emotionalen Austausch" die Rede. Bundes-CDU und Landesverband seien sich einig, dass in Thüringen "stabile Verhältnisse" nötig seien. Die CDU Thüringen habe zugestimmt, einer möglichen Neuwahl nicht im Wege zu stehen.
Thomas Kemmerich (FDP) will auf das Geld aus seiner Amtszeit als Ministerpräsident des ostdeutschen Landes Thüringen verzichten. Die Staatskanzlei bestätigte am Freitag einen Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland, wonach ihm durch seinen Amtsantritt am Mittwoch mindestens 93.000 Euro an Gehalt und Übergangsgeld zustünden.
Die CDU-Fraktion im Erfurter Landtag hatte gegen die ausdrückliche Empfehlung der Bundesspitze dem auch von der AfD unterstützten FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit ihren Stimmen zum Amt des Ministerpräsidenten verholfen. Kramp-Karrenbauer wertete dies als Verstoß gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss, der eine Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD verbietet.
Mohring hatte sich vor Kramp-Karrenbauers Eintreffen vom CDU-Landesvorstand das Vertrauen aussprechen lassen. Offen war in der Nacht, ob er noch das Vertrauen der Mehrheit in seiner Fraktion genießt.
Linke, SPD und Grüne stellten unterdessen Kemmerich ein Ultimatum. Der Ministerpräsident solle umgehend zurücktreten oder im Landtag die Vertrauensfrage stellen, sagten Vertreter der drei Parteien am Abend in Erfurt. Bis Sonntag solle er sich erklären. Zugleich forderten sie die Fraktionen von CDU und FDP auf, die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten zu ermöglichen.
Kemmerich hatte am Donnerstag angekündigt, sich von seinem Amt zurückzuziehen und die Auflösung des Landtags zu beantragen, um Neuwahlen zu ermöglichen. Die Hürden dafür sind aber sehr hoch. Für die Auflösung des Landtags wird eine Zweidrittelmehrheit gebraucht.