US-Präsident Donald Trump ist einer Amtsenthebung in der Ukraine-Affäre entgangen und hat damit im Wahljahr 2020 einen wichtigen Erfolg erzielt. Im von seinen Republikanern kontrollierten Senat kam am Mittwoch wie erwartet nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Amtsenthebung (Impeachment) zusammen.
Trump sprach anschließend von einem "Sieg" beim "Impeachment-Scherz". Für die oppositionellen Demokraten war es eine politische Niederlage mit Ansage.
Nur ein Republikaner stimmte für "schuldig": Mitt Romney
Im ersten Anklagepunkt Amtsmissbrauch sprachen lediglich 48 der 100 Senatoren Trump schuldig: Alle demokratischen Senatoren sowie der Republikaner Mitt Romney. Die übrigen 52 republikanischen Senatoren stimmten geschlossen für "nicht schuldig". Für eine Amtsenthebung wäre eine Zweidrittelmehrheit von 67 Senatoren notwendig gewesen.
Beim zweiten Anklagepunkt Behinderung des Kongresses sprachen dann nur noch die 47 demokratischen Senatoren Trump schuldig. Romney stimmte gemeinsam mit den anderen Republikanern für "nicht schuldig".
"Sieg" gegen "Impeachment-Schwindel"
Trump sprach in einer ersten Reaktion im Kurzbotschaftendienst Twitter von einem "Sieg" des Landes beim "Impeachment-Schwindel". Er kündigte für Donnerstagmittag (12.00 Ortszeit; 18.00 Uhr MEZ) eine Erklärung im Weißen Haus an. Seine Sprecherin Stephanie Grisham erklärte, das Senatsvotum bedeute eine "vollständige Rehabilitierung und Entlastung" des Präsidenten.
Seinen Parteikollegen Romney attackierte Trump scharf. Auf Twitter postete der Präsident ein Video, in dem es unter anderem heißt, Romney sei ein "Geheimagent" der Demokraten. Indem er sich als Republikaner dargestellt habe, habe er versucht, die Trump-Regierung als Außenminister zu infiltrieren. "Mitt Romney hat uns zum Narren gehalten", heißt es außerdem in dem Video. Zu Beginn von Trumps Amtszeit wurde Romney kurzzeitig als Außenminister gehandelt
Der republikanische Senats-Mehrheitsführer Mitch McConnell bezeichnete das sogenannte Impeachment nach den Abstimmungen als "kolossalen politischen Fehler" der Demokraten. Das Vorgehen der Opposition sei rein politisch motiviert gewesen.
Minderheitsführer Chuck Schumer sprach dagegen von einem "wertlosen Freispruch" für den Präsidenten. Die Republikaner hätten mit ihrer Blockade von Zeugenaussagen einen "fairen Prozess" gegen Trump verhindert.
Ähnlich äußerte sich die Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, der Demokratin Nancy Pelosi. Die republikanischen Senatoren seien zu "willigen Komplizen der Vertuschung des Präsidenten" geworden, indem sie die für einen fairen Prozess notwendigen weiteren Zeugen und Beweise nicht zugelassen hätten, argumentierte Pelosi. Trump sei weiterhin eine "Gefahr für Amerikas Demokratie", es bestehe weiterhin die Gefahr, dass der Präsident Wahlen manipulieren könne. Mit dem Freispruch für Trump hätten die republikanischen Senatoren "Gesetzlosigkeit" und das Untergraben der verfassungsmäßigen Ordnung normalisiert, erklärte Pelosi.
Die Demokraten werfen Trump vor, unter Missbrauch seines Amtes zu seinem persönlichen politischen Vorteil die Ukraine zu Korruptionsermittlungen gegen seinen Rivalen Joe Biden gedrängt und als Druckmittel eine Militärhilfe in Höhe von 391 Millionen Dollar (355 Millionen Euro) zurückgehalten zu haben. Ex-Vizepräsident Biden bewirbt sich um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten und könnte also Trump bei der Wahl im November herausfordern.
Später soll Trump die parlamentarische Untersuchung zur Ukraine-Affäre rechtswidrig blockiert haben. So verhinderte der Präsident Zeugenaussagen und hielt angeforderte Regierungsdokumente zurück.
Das Repräsentantenhaus leitete wegen der Ukraine-Affäre im Dezember mit einem historischen Votum ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten ein. Es war das erst dritte Impeachment gegen einen Präsidenten in der US-Geschichte.
Die Anklage wurde dann Mitte Jänner an den Senat weitergeleitet, wo der Prozess geführt wurde. Eine Amtsenthebung des Präsidenten hatte angesichts der republikanischen Mehrheit im Oberhaus von Anfang an als nahezu ausgeschlossen gegolten.
Vergangene Woche ebneten die Republikaner dann den Weg zu einem schnellen Ende des Prozesses, indem sie Zeugenbefragungen im Senat blockierten. Die Demokraten hatten unter anderem den früheren Nationalen Sicherheitsberater John Bolton vorladen wollen, der Trump laut einem Medienbericht in der Ukraine-Affäre schwer belastet.
Trump hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen und den Demokraten eine "Hexenjagd" vorgeworfen. Im Impeachment-Prozess argumentierten seine Anwälte, der Präsident habe rechtmäßig und im Rahmen seiner Befugnisse gehandelt. Das Vorgehen der Demokraten bezeichneten sie als Versuch, Trumps Wahlsieg im Jahr 2016 rückgängig zu machen und eine Wiederwahl des Präsidenten zu verhindern.
Schwung für Wahlkampf
Vom Ausgang des Amtsenthebungsverfahren erhofft sich Trump zusätzlichen Schwung für seinen Wahlkampf. Er befindet sich derzeit ohnehin im Aufwind - auch wegen Schwächen der Demokraten. Die Oppositionspartei hatte am Montag im Bundesstaat Iowa den Auftakt ihrer Präsidentschaftsvorwahlen mit einer blamablen technischen Panne bei der Auszählung der Stimmen in den Sand gesetzt. Die Demokraten sind zudem gespalten in einen linken und einen moderaten Flügel, die nur schwer zu versöhnen sind.
Trump rechnet offenbar fest mit einer zweiten Amtszeit. Auf Twitter postete der Präsident kurz nach der Abstimmung im Senat ein Video, das das Trump-Wahlkampfzeichen für Wahlen ab 2024 zeigt und mit "Trump 4EVA" (deutsch: Trump für immer) endet. Die US-Verfassung beschränkt eine Präsidentschaft allerdings auf zwei gewählte vierjährige Amtszeiten.