In vielen Teilen der USA wurde am vorigen Sonntag der Groundhog Day („Murmeltiertag“) begangen. Waldmurmeltiere werden dabei zum ersten Mal im Jahr aus ihrem Bau gelockt, um als Wettervorhersager zu fungieren. Sieht das Tier „seinen eigenen Schatten“, bedeutet dies sechs weitere Wochen Winter. In den 1990er-Jahren wurde die Tradition vor allem durch den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ bekannt. Bill Murray muss darin als Wettermann in einer Endlosschleife den „Murmeltiertag“ immer wieder erleben.

Es überrascht daher wenig, wenn die Demokratische Partei, die am Murmeltiertag ihre erste Vorwahl im diesjährigen Präsidentschaftswahlkampf in Iowa bestritt, ebenfalls ein Déjà-vu erlebte. Wie bereits 2016 zeichnet sich innerhalb der Partei ein langwieriger Flügel-Wahlkampf zwischen den Progressiven (Linken) und den Moderaten ab. Pete Buttigieg, 38-jähriger Ex-Bürgermeister aus South Bend im US-Staat Indiana und Verfechter einer Politik der Mitte, führt laut den letzten Ergebnissen knapp vor dem 78-jährigen Senator Bernie Sanders, der Ikone der amerikanischen Linken. Elizabeth Warren sowie Joe Biden, der lange Zeit als Favorit für die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten galt, liegen bis dato abgeschlagen auf dem dritten und vierten Platz.

Im Moment scheint es nach dem Auszählungsdesaster in Iowa, dem Ende des Impeachmentverfahrens sowie einer polarisierenden „Rede an die Nation“ nur einen einzigen wirklichen Gewinner diese Woche zu geben: Donald Trump

Langwierig

Das Ergebnis der Vorwahl deutet auf einen langwierigen Vorwahlkampf der Demokraten hin. Iowa hat gerade einmal 41 Landesdelegierte für den Nominierungsparteitag der Demokraten in Milwaukee im Juli zu vergeben. Dennoch ist Iowa seit den 1970er-Jahren ein wichtiger Gradmesser dafür, wer sich letztendlich durchsetzen wird. Ein Sieg in Iowa hat Signalwirkung. Als Faustregel gilt: Wer hier bei der Vorwahl nicht wenigstens unter die ersten drei kommt, wird später auch nicht nominiert.

Die Signalwirkung ging dieses Wochenende jedoch durch das Chaos bei der Übertragung der Wahlresultate, verursacht durch einen Programmierfehler bei einer App, großteils verloren. Buttigieg erklärte sich zwar zum Sieger, doch er wurde sofort von Sanders Unterstützern angegriffen, die hinter der Erklärung eine Verschwörung der demokratischen Parteielite vermuteten. Auf den sozialen Netzwerken ging der Hashtag #MayorCheat (angelehnt an Buttigiegs Spitznamen Mayor Pete) umher. Ob Sanders oder Buttigieg letztendlich Iowa gewinnen, ist mittlerweile fast belanglos. Der Medienzirkus ist bereits nach New Hampshire gewandert, wo am 11. Februar gewählt wird.

Mobilisierungs-Problem

Auch offenbarte Iowa ein langfristiges Problem für die Demokraten. Viele Wähler blieben trotz massiver Mobilisierungs-Kampagnen aller Kandidaten zu Hause. Nur rund 170.000 Iowaner gaben ihre Stimme ab. Barack Obama schaffte es 2008 noch, 230.000 Wähler zu mobilisieren. Das bedeutet, dass weder Sanders noch Buttigieg genug Zugkraft haben, um Nichtwähler zur Stimmabgabe zu bewegen. Zusätzlich hat Buttigieg schlechte Umfragewerte unter Latinos und Afroamerikanern. Sanders’ Unterstützung in jenen Wählerschichten hat sich zwar merklich verbessert; inwieweit jedoch diesen Umfragen getraut werden kann, wird sich erst im März bei den Vorwahlen in South Carolina und Kalifornien zeigen. In Umfragen in New Hampshire liegt Buttigieg abgeschlagen hinter Sanders, der als Favorit bei den Vorwahlen nächste Woche gilt.

Sollte Sanders tatsächlich triumphieren, wird sich der Kampf zwischen ihm und Buttigieg oder wahrscheinlicher Joe Biden, der in nationalen Umfragen nach wie vor das Feld der demokratischen Präsidentschaftsbewerber anführt, wohl über mehrere Monate hinziehen. Das wird es letztendlich nur schwieriger machen, dass sich die Partei hinter einem der Kandidaten vereint. Gleichzeitig ist weiter zu bezweifeln, dass Sanders unter der breiten Masse der Demokraten den nötigen Enthusiasmus für einen Wahlkampf gegen Donald Trump erzeugen kann.

Fracking

Hier nur ein Beispiel. Die Präsidentenwahl im November wird, bedingt durch das Wahlkollegium, letztendlich in drei Bundesstaaten – in Michigan, Pennsylvania und Wisconsin – entschieden. In allen drei Staaten ist das Fracking von Erdgas ein wichtiger Wirtschaftszweig. Buttigieg und Biden sind für eine bessere Regulierung des Abbaus; Sanders hingegen will Fracking mit sofortiger Wirkung verbieten. Das kommt unter den Wählern nicht gut an. Hillary Clinton meinte, ihr größter Fehler im Wahlkampf 2016 sei die Aussage gewesen, Kohlegruben schließen zu wollen. Damit mobilisierte sie Republikaner und demotivierte Demokraten, die um ihre Jobs fürchteten, in den drei entscheidenden Bundesstaaten. Ein ähnliches Szenario könnte 2020 Bernie Sanders als Präsidentschaftskandidat in den wichtigen „Swing States“ teuer zu stehen kommen. In diesem Sinne könnte den Demokraten im November 2020 auch ohne Murmeltiertag ein weiteres Déjà-vu bevorstehen.