Das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump ist am Montag in die vorletzte Phase gegangen: Die Ankläger des Repräsentantenhauses und Trumps Verteidiger halten im US-Senat ihre Abschlussplädoyers. Das Urteil zu den beiden Anklagepunkten gegen Trump in der Ukraine-Affäre soll schließlich am Mittwoch fallen.
Es sieht alles danach aus, als könnte der Präsident in der Kammer mit einem Freispruch rechnen. Seine Republikaner haben dort die Mehrheit. Inhaltlich Neues war von den Abschlussplädoyers am Montag kaum zu erwarten, denn beide Seiten hatten in den vergangenen Tagen bereits ausführlich ihre jeweilige Argumentation präsentiert.
Beweise "überwältigend"
Die Demokraten haben in ihrem Schlussplädoyer eine Amtsenthebung gefordert. Die Beweise für eine Schuld des Präsidenten seien "überwältigend", sagte Anklageführer Adam Schiff von den oppositionellen Demokraten am Montag im US-Senat. Werde Trump nicht seines Amtes enthoben, werde er weiter eine ausländische Einmischung in die nächste US-Präsidentschaftswahl ersuchen.
"Eid verraten"
"Donald Trump hat seinen Eid verraten, die Verfassung zu schützen und zu verteidigen", sagte der Abgeordnete. Jetzt müssten die Parlamentarier ihre Amtseide erfüllen. Die Senatoren müssten den Präsidenten in beiden Anklagepunkten - Amtsmissbrauch und Behinderung des Kongresses - schuldig sprechen, "und Donald J. Trump, den 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten, des Amtes entheben".
Die Demokraten waren am Freitag endgültig mit dem Versuch gescheitert, noch durchzusetzen, dass bei dem Verfahren im Senat Zeugen vorgeladen und Regierungsdokumente angefordert werden. Die Republikaner schmetterten diese Forderung mit ihren Stimmen ab. Die Demokraten sprachen von einer "Tragödie" und argumentierten, ohne einen echten Prozess mit Zeugen habe ein Freispruch am Ende keinerlei Wert.
Zeugen nicht zugelassen
Der republikanische Senator Lamar Alexander, der sich im letzten Moment gegen die Zulassung von Zeugen entschieden hatte, argumentierte, die Demokraten hätten die Vorwürfe gegen Trump in der Ukraine-Affäre belegt. "Er hätte das nicht tun sollen", räumte Alexander am Sonntag in einem Interview mit dem Sender NBC ein. Trumps Fehlverhalten rechtfertige aber kein Amtsenthebungsverfahren. Nun sei es an den Wählern zu entscheiden, was sie davon hielten.
Das US-Repräsentantenhaus hatte Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt. Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden gedrängt haben, um die US-Präsidentenwahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen die Freigabe von Militärhilfe für Kiew und ein Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren. Trump weist die Vorwürfe zurück.
Entscheidung beim Senat
Die Entscheidung über die beiden Anklagepunkte liegt beim Senat, der bei einem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts einnimmt. Wegen der republikanischen Mehrheit im Senat ist es aber extrem unwahrscheinlich, dass Trump des Amtes enthoben werden könnte. Dafür müssten 67 Senatoren für mindestens einen der beiden Anklagepunkte stimmen. Mindestens 20 Republikaner müssten sich dafür den Demokraten anschließen. Das ist nicht in Sicht. So kann Trump auf einen Freispruch in dem Verfahren hoffen - und das zu Beginn des Wahljahres in den USA.
Kurz vor Abschluss des Verfahrens wird Trump am Dienstag (Mittwoch 03.00 Uhr MEZ) im Kongress seine jährliche Rede zur Lage der Nation halten. Trump wird sich im US-Repräsentantenhaus in Washington an die Abgeordneten und Senatoren wenden - an jenem Ort also, an dem Mitte Dezember ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden war.
Am 3. November wird in den Vereinigten Staaten ein neuer Präsident gewählt. Trump will bei der Wahl für eine zweite Amtszeit antreten. Die Demokraten dürften die Ukraine-Affäre auch nach einem möglichen Freispruch zu einem wichtigen Thema im Wahlkampf machen und so versuchen, Trumps Wiederwahlchancen zu schmälern.