Das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump im Senat steuert auf seine entscheidende Phase zu: An diesem Freitag wollen die Senatoren über die zentrale Streitfrage abstimmen, ob in dem Verfahren neue Zeugen und Beweise zugelassen werden. Das ist eine Forderung der Demokraten, die sich belastende Materialien gegen den Republikaner Trump erhoffen.
Die Demokraten dürften allerdings kaum noch Chancen haben, sich damit durchzusetzen. Damit könnte das Verfahren noch am Freitag mit einem Freispruch enden. Anklageführer Adam Schiff sagte am Donnerstag im Senat, das Oberhaus solle sich eine Woche Zeit für Zeugenbefragungen nehmen. Das wäre für einen "fairen Prozess" nicht zu viel verlangt.
Freitagfrüh erklärte aber ein wichtiger republikanischer Senator, nicht für die Zulassung neuer Zeugen zu stimmen. Senator Lamar Alexander teilte mit: "Es bedarf keiner weiteren Beweise, um etwas zu beweisen, das bereits bewiesen wurde." Die Beweise erfüllten die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung nicht. Die Republikaner haben 53 der 100 Sitze im Senat. Um Zeugenaussagen zuzulassen, müssten vier republikanische Senatoren mit den Demokraten stimmen. Ohne Alexander dürfte diese Mehrheit nicht zustande kommen.
Anhörung verhindern
Das Weiße Haus und die Führung der Republikaner im Senat wollen die Anhörung von Zeugen verhindern und das Verfahren rasch zu Ende bringen. Sollten neue Zeugen gehört werden, könnte sich das Impeachment-Verfahren dagegen noch über Wochen hinziehen. In beiden Fällen ist eine Amtsenthebung Trumps so gut wie ausgeschlossen. Dafür müssten 67 Senatoren für mindestens einen der beiden Anklagepunkte des Repräsentantenhauses stimmen. 20 Republikaner müssten auf die Seite der Demokraten wechseln, die geschlossen dafür stimmen müssten.
Trump warf den Demokraten bei einer Wahlkampfveranstaltung in Des Moines im US-Staat Iowa vor, das Wahlergebnis 2016 kippen zu wollen: "Sie wollen Eure Wahlzettel ungültig machen und unsere Demokratie vergiften und das gesamtes Regierungssystem zu stürzen", sagte er. "Das wird nicht passieren."
Das Repräsentantenhaus hat Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt: Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen Biden gedrängt haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen unter anderem die Freigabe der Militärhilfe abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Parlaments zu blockieren.
Senat als Gericht
Der Senat nimmt bei dem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts ein und entscheidet über die Anklagepunkte. Am Donnerstag setzten die Senatoren die Befragungen der Anklagevertreter des Repräsentantenhauses und der Verteidiger Trumps fort. Für die Verteidiger forderte der Rechtsberater des Weißen Hauses, Pat Cipollone, einen Freispruch Trumps. Das sei "das einzig angemessene Ergebnis", das dem Land nicht über Generationen hinweg Schaden zufügen würde.
Bei den demokratischen Anklagevertretern sorgte eine Aussage des emeritierten Harvard-Professors Alan Dershowitz, der dem Trump-Team angehört, für Empörung. Dershowitz hatte am Mittwoch argumentiert, wenn ein Politiker davon ausgehe, dass seine Wiederwahl im nationalen Interesse sei, dann könnten Maßnahmen, die er dafür ergreife, nicht zu einem Amtsenthebungsverfahren führen.
Schiff erwiderte am Donnerstag, mit diesem Argument könne ein Präsident tun, was er wolle. "Das ist die Normalisierung der Gesetzlosigkeit." Der einzige Grund für eine solche Argumentation sei, dass die Verteidiger wüssten, dass Trump schuldig sei. "Das ist ein Argument aus Verzweiflung." Schiff sprach von "einem Abstieg in den Verfassungswahnsinn".