Sowohl der russische Präsident Wladimir Putin als auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel stellten sich am Samstag nach einem Treffen in Moskau hinter die Vereinbarungen. Er hoffe, dass die Europäer bald das neue Finanzinstrument aktivierten, mit dem Firmen trotz der US-Sanktionen Handel mit Iran treiben könnten, sagte Putin. "Wir sind uns einig, dass wir alles daran setzen sollten, das Abkommen des JCPOA zu erhalten", betonte Merkel. "Deutschlands Überzeugung ist, dass Iran keine Atomwaffen bekommen und auch nicht haben sollte."
Das internationale Atomabkommen, dass Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, die USA und China 2015 in Wien mit dem Iran geschlossen hatten, solle deshalb trotz des amerikanischen Rückzugs am Leben erhalten werden. Es sei nicht vollkommen, aber besser als gar kein Abkommen, sagte Merkel mit Blick auf die Position von US-Präsident Donald Trump. Die USA hatten 2018 das Abkommen aufgekündigt und neue Sanktionen gegen den Iran beschlossen. Trump will, dass sich auch die Europäer daraus zurückzuziehen.
Der Iran hatte 2015 in Einschränkungen und Kontrollen seines Atomprogramms eingewilligt, was die Herstellung von Atomwaffen verhindern soll. Im Gegenzug hatten die Verhandlungspartner eine schrittweise Aufhebung der Sanktionen und verstärkte Wirtschaftsbeziehungen versprochen. Die Führung in Teheran will sich nun wegen der US-Sanktionen nicht mehr die JCPOA-Auflagen zu Menge und Höhe der Urananreicherung einzuhalten.
Putin will zudem die von Deutschland initiierte, in Berlin geplante Friedenskonferenz für das Bürgerkriegsland Libyen unterstützen. "Einige Sachen bedürfen noch der Vorarbeit, aber es wäre ein guter Schritt in die richtige Richtung", sagte Putin beim Treffen Merkel. Dies müsse jedoch mit der libyschen Seite genau abgestimmt sein.
Merkel betonte, sie hoffe, dass die russischen Bemühungen um einen Waffenstillstand in Libyen zum Erfolg führen würden. "Eine solche Berliner Konferenz kann nur der Auftakt sein für einen längeren Prozess", sagte sie in Moskau. Die Konferenz solle unter der Führung der Vereinten Nationen zustande kommen. Es sei wichtig, dass die Interessen der Libyer selbst dabei im Vordergrund stünden.
Dauerhafte Waffenruhe in der Ostukraine
Merkel und Putin forderten zudem eine dauerhafte Waffenruhe im Konfliktgebiet in der Ostukraine. "Dass man sich um eine Waffenruhe bemüht, die leider nicht vollkommen ist, das ist richtig", sagte Merkel nach dem Treffen. "Und wir werden jetzt die Arbeiten fortsetzen." Russlands Präsident sagte: "Es ist wichtig, dass alle Aufgaben, die wir beim Gipfel formuliert haben, auch realisiert werden."
Merkel appellierte darüber hinaus an die Kriegsparteien in Syrien, einen weiteren Korridor für humanitäre Hilfe im Nordosten des Landes zuzulassen. Sie freue sich, dass es gelungen sei, zumindest zwei humanitäre Übergänge in Richtung Idlib offen zu halten", sagte Merkel nach dem Treffen mit Putin.
Sie spielte damit auf eine Entscheidung des UNO-Sicherheitsrates an, dass Millionen syrische Zivilisten weiter über zwei Grenzübergangspunkte aus der Türkei versorgt werden können. Russland hatte mit einem angedrohten Veto aber die Zahl der Übergänge auf zwei begrenzt und Hilfe über Jordanien und Irak verhindert. Merkel sagte, sie setze sich weiter dafür ein, dass es noch einen weiteren Übergang Richtung Nordosten Syriens gebe. Deutschland ist derzeit Mitglied im UNO-Sicherheitsrat.
Nord-Stream-2-Gaspipeline
Merkel und Putin haben sich optimistisch gezeigt, dass die Nord-Stream-2-Gaspipeline trotz der US-Sanktionen zu Ende gebaut wird. Die US-Maßnahmen würden nur zu einer Verzögerung bis Ende des Jahres oder Anfang 2021 führen, sagte Putin am Samstag bei der gemeinsamen Pressekonferenz.
Merkel verteidigte die Fertigstellung trotz der Einwände aus den USA und einigen osteuropäischen Ländern. Auch die EU-Gesetzgebung habe das Projekt legitimiert, sagte sie. Es handle sich trotz aller politischen Implikationen vor allem um ein wirtschaftliches Vorhaben, betonte Merkel. "Deshalb halten wir das Projekt für richtig." Sie kritisierte die US-Sanktionen gegen den Bau der Pipeline, die zusätzliches russisches Gas über die Ostsee nach Deutschland und Westeuropa bringen soll.
Die USA hatte Firmen, die am Bau der Pipeline beteiligt sind, mit Strafen gedroht, worauf sich ein in der Schweiz ansässiges Spezialunternehmen zur Verlegung der Rohre zurückgezogen hatte. Die USA begründen ihr Vorgehen mit der Furcht, dass die Europäer sich von russischen Lieferungen abhängig machen würden. Zugleich wollen die USA aber auch eigenes Erdgas in Europa verkaufen. Merkel wies darauf hin, dass sich die EU-Länder gleichzeitig zum Pipeline-Bau bemühten, die Gasbezüge zu diversifizieren. Zudem hatten Russland und Ukraine ein Gasabkommen geschlossen, das garantiert, dass die Ukraine trotz Nord Stream 2 weiter Transitland für russisches Gas bleiben wird.