Nach der Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani durch die US-Armee hat US-Präsident Donald Trump erklärt, die USA wolle keinen Regimewechsel im Iran herbeiführen. Der US-Angriff sei durchgeführt worden, "um einen Krieg zu stoppen, nicht um einen Krieg zu beginnen", sagte Trump am Freitag in seinem Luxusressort Mar-a-Lago im US-Staat Florida in einem kurzen Statement.
Er sei bereit alles zu tun, was nötig sei, um Amerikaner zu schützen, betonte Trump. Der Iran müsse damit aufhören stellvertretende Krieger einzusetzen, um die Nachbarländer zu destabilisieren, forderte der US-Präsident.
Sanktionen gegen Iran-nahe Miliz
Das US-Außenministerium hat zugleich Sanktionen gegen die irakische Miliz Asaib Ahl al-Hak und deren Anführer angekündigt. Die Gruppe und ihre Köpfe seien gewaltsame Verbündete des Iran, erklärte US-Außenminister Mike Pompeo. "Sie handeln im Namen ihrer Herren in Teheran und setzen Gewalt und Terror ein, um die Bemühungen des iranischen Regimes zur Untergrabung der irakischen Souveränität voranzutreiben", sagte Pompeo.
Das Ministerium beklagte, die Miliz sei seit ihrer Gründung 2006 für mehr als 6.000 Angriffe gegen Kräfte der USA und ihrer Verbündeten verantwortlich und werde von den iranischen Al-Quds-Brigaden finanziell unterstützt und trainiert. Mit den Strafmaßnahmen werden Vermögenswerte von Asaib Ahl al-Hak und ihren Anführern in den USA eingefroren und Geschäfte mit ihnen untersagt.
Der Chef der Miliz Asaib Ahl al-Hak, Kais al-Qasali, hatte erst am Freitag - nach dem US-Raketenangriff in Bagdad, bei dem unter anderem der Kommandant der iranischen Al-Kuds-Brigaden, Qassem Soleimani, getötet wurde - den Amerikanern mit Vergeltung gedroht. Er sagte, die nächsten Tage würden "eine baldige Eroberung und einen großen Sieg" gegen die USA bringen.
Demonstrationen gegen die USA
Nach der Tötung des iranischen Generals durch einen gezielten US-Angriff im Irak sind in Teheran und anderen iranischen Städten zehntausende Demonstranten auf die Straße gegangen. Sie protestierten im Anschluss an die Freitagsgebete in der iranischen Hauptstadt gegen die "Verbrechen" der USA, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP am Freitag berichtete.
Teilnehmer riefen "Tod für Amerika" und zeigten Plakate mit Bildern Soleimanis. Viele ältere Männer und Frauen nahmen an den Protestzügen im Iran teil, einige hielten Porträts des geistlichen Oberhaupts Ayatollah Ali Khamenei in die Höhe, andere trauerten offen um Soleimani und weinten. "Die Achse alles Bösen ist Amerika, die Losung der Religion und des Koran ist der Tod Amerikas", skandierten sie.
Flaggen in Brand
Eine Gruppe von Männern riss Löcher in eine US-Flagge und steckte sie in Brand. Ali Bakhshi, ein älterer Geistlicher, kommentierte den US-Angriff mit den Worten: "Das war ein guter Schachzug. Jetzt wird die ganze Welt erkennen, wer der Terrorist ist."
Unter den Protestierenden in Teheran waren auch dutzende Mitglieder der Revolutionsgarden in Uniform. "Ich denke, Amerika ist ein großes Risiko eingegangen und wird seine Antwort darauf erhalten", sagte ein Garde-Mitglied der Nachrichtenagentur AFP. "Ich glaube nicht, dass ein Krieg ausbrechen wird. Sie sind nicht mutig genug, sich einer direkten Konfrontation mit uns zu stellen", sagte er. Aber es werde "eine vernichtende Antwort" geben.
Solidarität quer durch das Land
Auch in den Städten Arak, Bojnourd, Hamedan, Hormozgan, Sanandaj, Semnan, Shiraz und Yasd gingen die Menschen auf die Straße, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete. In Soleimanis Heimatstadt Kerman versammelten sich Trauernde spontan zu Kundgebungen auf der Straße.
Das iranische Staatsfernsehen unterbrach anlässlich des Todes Soleimanis sein Programm und strahlte eine Sendung über das Wirken des Elite-Generals in der Region aus. Ein schwarzes Trauerband wurde eingeblendet sowie eine Fotomontage mit Bildern des lächelnden und betenden Soleimani.
Teheran droht mit "schwerer Vergeltung"
Der Oberste Nationale Sicherheitsrat des Iran hat den USA "schwere Vergeltung am richtigen Ort zur richtigen Zeit" angedroht. Der "kriminelle" Angriff auf General Soleimani sei "der größte Fehler", den die USA in der Region begangen hätten, teilte der Nationale Sicherheitsrat mit. "Amerika wird den Konsequenzen dieser Fehleinschätzung nicht einfach ausweichen können", erklärte das höchste iranische Gremium für Verteidigungsangelegenheiten.
USA schicken zusätzliche Soldaten
Am Abend wurde bekannt, dass das Pentagon in Washington tausende zusätzliche Soldaten in Nahen Osten schicken wird. Ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums sagte, es würden rund 3000 Soldaten in die Region geschickt. Dies sei eine Vorsichtsmaßnahme angesichts einer verstärkten Bedrohung für amerikanische Kräfte in der Region, verlautete aus Regierungskreisen. Die Truppen der 82. Luftlandedivision würden sich den rund 750 Soldaten anschließen, die in den vergangenen Tagen schon nach Kuwait geschickt worden seien, hieß es. Verteidigungsminister Mark Esper strich unterdessen seine Urlaubspläne. Esper verzichte auf seinen für im Jänner geplanten Urlaub, hieß es am Freitag aus Regierungskreisen gegenüber Reuters.
Spott für Trump
Nach der Tötung des iranischen Generals fallen Trump im Netz frühere Tweets gegen seinen Amtsvorgänger Barack Obama auf die Füße. Trump hatte Obama vor Jahren mehrfach vorgeworfen, aus wahltaktischen Gründen einen Krieg mit dem Iran anzetteln zu wollen.
So schrieb er im November 2011 auf Twitter: "Um gewählt zu werden, wird Barack Obama einen Krieg gegen den Iran starten." Und im Oktober 2012 twitterte Trump: "Lasst Obama nicht die Iran-Karte spielen, indem er einen Krieg beginnt, um wiedergewählt zu werden – seid vorsichtig, Republikaner!" Nun wird Trump auf Twitter unter anderem vorgehalten, genau das zu provozieren, was er Obama damals vorgeworfen habe.
Putin warnt vor Eskalation
Der russische Präsident Wladimir Putin hat derweil vor einer Eskalation in der Golfregion gewarnt. Der Angriff könne "die Lage in der Region ernsthaft verschlimmern", sagte Putin nach Angaben des Kreml während eines Telefonats mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Freitag. Beide Staatschefs hätten ihre "Sorge" zum Ausdruck gebracht.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat die Staats- und Regierungschefs zu "maximaler Zurückhaltung" aufgerufen. "Die Welt kann sich keinen weiteren Golf-Krieg leisten", sagte Guterres laut Mitteilung der Vereinten Nationen in New York. Er habe sich immer für eine Deeskalation in der Golf-Region eingesetzt und die jüngste Eskalation beunruhige ihn zutiefst, sagte der UN-Chef weiter.