Die Vergeltungsangriffe der USA auf Stellungen radikaler Hisbollah-Brigaden im Irak haben scharfe Reaktionen in Bagdad, Teheran und Moskau ausgelöst. Die irakische Regierung drohte am Montag, sie sehe sich zu einer "Überprüfung ihrer Beziehungen" zu den USA gezwungen. Das russische Außenministerium erklärte, die gegenseitigen "Angriffe" seien "inakzeptabel und kontraproduktiv".
In den überwiegend schiitischen Städten Basra und Najaf im Süden des Irak zündeten Demonstranten US-Fahnen an und skandierten US-feindliche Parolen. Ähnliche Szenen wurden aus Kirkuk im Norden gemeldet.
Zusammenarbeit "überprüfen"
Die geschäftsführende irakische Regierung erklärte nach einem Treffen des Sicherheitsrats des Landes, Bagdad müsse die Zusammenarbeit mit den USA in den Bereichen Sicherheit, Politik und Recht überprüfen, "um seine Souveränität zu schützen". Die US-Truppen hätten "nach ihren politischen Prioritäten und nicht nach denen der Iraker" gehandelt. Dutzende irakische Parlamentsabgeordnete unterschrieben einen Aufruf, in dem die Überprüfung des Kooperationsabkommens zwischen Washington und Bagdad gefordert wird, das Grundlage der Stationierung von 5.200 US-Soldaten in dem Land ist.
"Ort gegenseitiger Abrechnung"
Das Büro von Großayatollah Ali al-Sistani, des obersten schiitischen Geistlichen des Landes, verurteilte die Angriffe. Die Behörden des Landes müssten "verhindern, dass der Irak als Ort für gegenseitige Abrechnungen genutzt wird", hieß es mit Blick auf die wachsenden Spannungen zwischen Washington und Teheran.
Die iranische Regierung verurteilte die Einsätze der USA an drei Orten im Irak und zwei weiteren in Syrien vom Sonntag. "Mit diesen Angriffen hat Amerika seine feste Unterstützung für Terrorismus und seine Missachtung der Souveränität von Staaten gezeigt", erklärte ein iranischer Regierungssprecher am Montag. Die US-Regierung müsse "mit Konsequenzen für ihre illegalen Taten" rechnen.
Aufruf aus Russland
Die Hisbollah-Brigaden im Irak gehören teilweise der pro-iranischen Hashed-al-Shaabi-Miliz an. Diese wurde im Kampf gegen die IS-Miliz gegründet und unterstehen offiziell der irakischen Armee. Nach Angaben der Hashed-al-Shaabi-Miliz wurden bei den US-Angriffen 25 Menschen getötet und 51 weitere verletzt, darunter Kommandeure und Kämpfer.
Moskau rief unterdessen "alle Parteien auf, weitere Aktionen zu unterlassen, die die militärisch-politische Situation im Irak, in Syrien und den angrenzenden Ländern schlagartig destabilisieren". Die Mitteilung erfolgte zeitgleich mit einem Treffen des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit seinem iranischen Kollegen Mohammed Jawad Zarif in Moskau.
Viele Tote
Das US-Militär hatte am Sonntag nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums "defensive Angriffe" gegen drei Standorte der Kataib Hisbollah ausgeführt. Die USA machen die Miliz für einen Raketenangriff in der Nähe der nordirakischen Ölstadt Kirkuk verantwortlich, bei dem am Freitag ein US-Zivilbeschäftigter getötet und vier US-Soldaten sowie zwei irakische Sicherheitskräfte verletzt wurden. Beim US-Angriff wurden nach Angaben irakischer Sicherheitskreise und Milizen mindestens 25 Kämpfer getötet und 55 verletzt.
Die Lage im Irak ist äußerst instabil; seit Anfang Oktober wird das Land angesichts einer schweren sozialen Krise von einer beispiellosen Protestwelle erschüttert. Unter dem Druck der Demonstranten trat Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi zurück, führt die Regierung aber geschäftsführend weiter. Der Iran hat großen Einfluss im Irak und versucht, die Bildung einer neuen Regierung zu steuern.