Der britische Premier Boris Johnson bedroht laut Medienberichten die Zukunft der britischen Rundfunkanstalt BBC. Die Downing Street erwäge, die Nicht-Zahlung der Gebühren zu entkriminalisieren und boykottiere die Morgensendung "Today" des BBC-Radios Radio 4 wegen angeblicher Anti-Tory-Voreingenommenheit des Senders, berichtete der "Guardian" am Sonntag.

Konkret seien Minister von Johnsons konservativer Regierungspartei von der Sendung abgezogen worden mit dem Argument, dass man das "Engagement" von dem Journal zurücknehmen werde, hieß es. Dass ein Kommentator Johnson scharf kritisierte für seine Weigerung, interviewt zu werden, sowie die umfangreiche Berichterstattung über einen vierjährigen Buben, der trotz Verdachts auf eine Lungenentzündung stundenlang auf dem Boden einer Klinik liegen musste, würden als Beweis für eine Anti-Tory und Pro-EU-Verbleib-Haltung des Unternehmens gewertet, schrieb die Zeitung. Aber auch von Labour-Anhängern habe es Kritik an dem Sender gegeben, dass nämlich Journalisten unkritisch konservative Quellen wiedergeben würden.

BBC-Generaldirektor Tony Hall wies die Kritik zurück. Ein Fehler sei passiert, aber ich akzeptiere nicht die Ansicht jener Kritiker, die auf eine Handvoll Beispiele springen, um zu suggerieren, dass wir auf irgendeine Art und Weise voreingenommen sind."

Im Eilschritt auf den Brexit zu

Nach seinem haushohen Wahlsieg treibt der britische Premierminister Boris Johnson die Brexit-Vorbereitungen rasant voran. Gleichzeitig will er den Regierungsapparat völlig umkrempeln, wie Mitarbeiter in verschiedenen Sonntagszeitungen ankündigten. Unterdessen wuchs der Druck auf Labour-Chef Jeremy Corbyn, zurückzutreten.

Die britische Regierungwill noch vor Weihnachten das Gesetz zum EU-Austritt wieder dem Parlament vorlegen. Der wichtigste Wählerauftrag laute, den Brexit zu vollziehen, sagte Vize-Finanzminister Rishi Sunak am Sonntag dem Sender BBC. Kurz nach dem Brexit-Gesetz werde die Regierung von Premierminister Boris Johnson ihren neuen Haushalt präsentieren. Johnson hat wiederholt angekündigt, Großbritannien am 31. Jänner aus der EU führen zu wollen.

Die im Wahlkampf versprochene Erhöhung der Ausgaben im Gesundheitswesen solle dabei gesetzlich verankert werden, sagte Sunak. Dies habe in der Innenpolitik höchste Priorität. Bisher war die Verabschiedung der dafür notwendigen Gesetze am Widerstand im Parlament gescheitert. Johnsons Konservative gewannen allerdings bei der Wahl am vergangenen Donnerstag eine deutliche Mehrheit.

Corbyn brauchte drei Tage, ehe er nach der größten Wahlschlappe seiner Partei seit mehr als 80 Jahren, einen Teil der Verantwortung dafür einräumte. Vielen Labour-Mitgliedern ging das nicht weit genug. Das neue Parlament soll schon am Dienstag zusammentreten. Am Donnerstag soll Königin Elizabeth II das neue Regierungsprogramm verkünden und über das EU-Austrittsabkommen soll schon Freitag abgestimmt werden. Die Zustimmung gilt angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse als reine Formsache.

Entschlacken

Dann will die Regierung sich großen Reformvorhaben widmen: Ministerien sollen zusammengelegt und der Beamtenapparat entschlackt werden. Milliardeninvestitionen in die Gesundheitsversorgung sollen per Gesetz festgeschrieben werden. Johnson kündigte im Norden Englands Freihandelsabkommen und Freihäfen an. Er will die desolate einstige Bergarbeiter- und Industrieregion in Mittel- und Nordengland neu beleben, wo viele Wahlkreise erstmals seit Generationen von Labour zu den Konservativen gewechselt waren.

Dass die Konservativen bei der Parlamentswahl am vergangenen Donnerstag mit 43,6 Prozent Wähleranteil 56 Prozent der Sitze im Parlament errangen, bezeichneten Kritiker des Wahlsystems als Skandal. "Wegen unseres undemokratischen Systems sind die wahren Verlierer die Wähler", meinte Klina Jordan, Co-Vorsitzende der Organisation "Make Votes Matter" (etwa: Wählerstimmen sollen zählen). Das Ergebnis kommt zustande, weil in jedem Wahlkreis der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt und alle Stimmen für andere unter den Tisch fallen. Viele Briten setzen sich für ein Verhältniswahlrecht wie etwa in Deutschland ein, wo die Parteienstärke im Parlament in etwa dem prozentualen Stimmanteil bei der Wahl entspricht.

Die Konservativen legten etwa 1,2 Prozent beim Stimmanteil zu, Labour verlor 7,9 Punkte auf 32,1 Prozent. Johnsons Partei kommt auf 365 der 650 Sitze, Labour auf 203 Sitze. Labour-Chef Corbyn räumte in der Zeitung "Observer" ein, dass er einen Teil der Verantwortung trage. Der 70-Jährige beharrte aber darauf, dass die Partei auf die drängendsten Fragen die richtigen Antworten habe. Darauf sei er stolz. "Das zeigt, dass er nicht gewillt ist zu verstehen, warum wir so eine katastrophale Niederlage erlitten haben", twitterte die prominente Labour-Politikerin Harriet Harman. "Er sollte zurücktreten." Auch andere Labour-Politiker drängten Corbyn zu gehen. Der Parteichef will bis zum Frühjahr im Amt bleiben. Die Abgeordnete Lisa Nandy (40) erklärte in einer BBC-Polit-Talkshow am Sonntag ihre Bereitschaft zur Nachfolge.

Labour-Chef Corbyn räumte in der Zeitung "Observer" ein, dass er einen Teil der Verantwortung trage. Der 70-Jährige beharrte aber darauf, dass die Partei auf die drängendsten Fragen die richtigen Antworten habe. Darauf sei er stolz. "Das zeigt, dass er nicht gewillt ist zu verstehen, warum wir so eine katastrophale Niederlage erlitten haben", twitterte die prominente Labour-Politikerin Harriet Harman. "Er sollte zurücktreten." Auch andere Labour-Politiker drängten Corbyn zu gehen. Der Parteichef will bis zum Frühjahr im Amt bleiben. Die Abgeordnete Lisa Nandy (40) erklärte in einer BBC-Polit-Talkshow am Sonntag ihre Bereitschaft zur Nachfolge.

Johnson warb am Wochenende bei einstigen Labour-Anhängern im Nordosten Großbritanniens um Vertrauen. Er bedankte sich bei einem Besuch früherer Labour-Hochburgen bei den Wählern für ihre Unterstützung bei der Parlamentswahl und kündigte an, seine Wahlversprechen einzuhalten. Er könne sich vorstellen, wie schwer es den früheren Labour-Wählern gefallen sei, ihr Kreuz diesmal bei den Konservativen zu machen, sagte Johnson am Samstag bei einem Besuch in Sedgefield, dem früheren Wahlkreis von Labour-Politiker und Ex-Regierungschef Tony Blair. "Ich möchte, dass die Menschen im Nordosten wissen, dass die Konservative Partei und ich ihrem Vertrauen gerecht werden", fügte der Regierungschef hinzu.

Sobald die erste Phase des Brexit abgeschlossen sei, werde der Hauptfokus seiner Regierung auf sozialen Themen liegen, die den Labour-Wählern wichtig seien, stellte Johnson in Aussicht. "Es wird darum gehen, den Brexit durchzubringen, aber auch die Versprechen in Bezug auf den Nationalen Gesundheitsdienst NHS, Bildung, sichere Straßen, bessere Krankenhäuser und eine bessere Zukunft für unser Land zu halten", sagte der Premierminister. Er verkündete, die Briten würden ihr "nationales Selbstvertrauen" zurückgewinnen.

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