Der US-Kongress hat die Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg offiziell als Völkermord eingestuft. Der Senat beschloss am Donnerstag einstimmig eine entsprechende Resolution, die bereits im Oktober vom Repräsentantenhaus beschlossen worden war. In den vergangenen Wochen war der Text in der Kongresskammer drei Mal am Widerstand republikanischer Senatoren gescheitert.
Nach armenischer Darstellung wurden zwischen 1915 und 1917 im Osmanischen Reich bis zu 1,5 Millionen Armenier getötet. Die Türkei spricht von wesentlich geringeren Opferzahlen und weigert sich, die Massaker als Völkermord anzuerkennen. Im Ersten Weltkrieg war das Osmanische Reich mit Deutschland und Österreich-Ungarn verbündet. Den Diplomaten aus Berlin und Wien waren die Vorgänge betreffend die Armenier bekannt.
30 Länder sprechen von Völkermord
Bisher haben die Parlamente von 30 Ländern die Massaker an den Armenien als Völkermord anerkannt. Erstes Land war 1965 Uruguay. Das EU-Parlament bezeichnete 1987 die Ereignisse als Völkermord, die EU-Kommission vermeidet dagegen den Begriff.
Als erstes großes europäisches Land stufte Frankreich 2001 die Massaker offiziell als Genozid ein. Im April 2015 verurteilte auch der Österreichische Nationalrat die Gräueltaten als Völkermord. Ankara zog deswegen zeitweise den Botschafter aus Wien ab. Der Deutsche Bundestag verabschiedete im Juni 2016 eine Resolution zum Völkermord an den Armeniern, was ebenfalls eine schwere diplomatische Krise mit der Türkei auslöste.
Scharfer Protest aus Ankara
Als das US-Repräsentantenhaus Ende Oktober für die Armenien-Resolution stimmte, führte dies zu scharfem Protest aus Ankara. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete den Vorwurf des Völkermords als "die größte Beleidigung unseres Volkes". Die Resolution des Senats ist rechtlich nicht bindend, hat aber große Symbolkraft und Gewicht für die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei
Während des Ersten Weltkrieges waren Armenier systematisch verfolgt worden und unter anderem auf Todesmärsche in die syrische Wüste geschickt worden. Historiker sprechen von Hunderttausenden bis zu 1,5 Millionen Opfern. Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches gesteht den Tod von 300.000 bis 500 000 Armeniern während des Ersten Weltkrieges ein und "bedauert" die Massaker.
Die christlichen Armenier waren seitens der Osmanen beschuldigt worden, mit dem Kriegsgegner Russland im Bunde zu stehen und zahlreiche Türken ermordet zu haben. Die an den Armeniern begangenen Massaker wurden zumeist von kurdischen Hilfstruppen ausgeführt.
Der österreichischen Schriftsteller Franz Werfel (1890-1945) hat mit seinem Roman "Die vierzig Tage des Musa Dagh" das Los der Armenier einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht.