In Frankreich drohen nun auch Streiks zu Weihnachten: Die größte Bahngewerkschaft CGT-Cheminots erklärte am Donnerstag, es werde "keinen Waffenstillstand zu Weihnachten" geben, wenn die Regierung die umstrittene Rentenreform nicht zurückziehe. Durch die Ausstände war der Verkehr den achten Tag in Folge massiv gestört. Premier Edouard Philippe rief die Gewerkschaften zu neuen Verhandlungen auf.
Der Generalsekretär der Gewerkschaft CGT-Cheminots sagte dem Sender France Info, die Streiks würden fortgesetzt, "bis man uns garantiert, dass das aktuelle (Renten-)System beibehalten wird." Die Regierung hatte am Mittwoch ihre Reformpläne vorgestellt.
Die kompromissbereitere Gewerkschaft CFDT warb dagegen für eine Streikpause an Weihnachten: "Während der Feiertage sollte man den Menschen die Möglichkeit geben, zu ihren Familien zu fahren", sagte Gewerkschaftschef Laurent Berger dem Sender BFM-TV.
Neue Verhandlungen
Regierungschef Edouard Philippe rief die Gewerkschaften zu neuen Verhandlungen auf. "Meine Tür steht offen und meine Hand bleibt ausgestreckt", schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die Regierung hofft insbesondere, die CFDT als größte französische Gewerkschaft auf ihre Seite zu ziehen.
Die CFDT und andere Gewerkschaften listeten unterdessen ihre Forderungen an die Regierung auf. Sie stören sich vor allem an dem Plan, dass die die meisten Franzosen künftig erst mit 64 abschlagsfrei in Rente gehen können sollen statt wie bisher mit 62. Diese Maßnahme sei ungerecht und müsse zurückgezogen werden, betonten sie.
Zugeständnisse der Regierung
Die Regierung hatte am Mittwoch Zugeständnisse an die Streikenden gemacht: So sollen etwa Polizisten und Feuerwehrleute von der Reform ausgenommen werden, zudem ist eine Grundrente von tausend Euro geplant - allerdings nur für Menschen, die mindestens 42 Jahre lang den Mindestlohn bezogen und Rentenbeiträge bezahlt haben. Die Abstriche an der Reform reichen den Gewerkschaften jedoch nicht aus. Sie riefen zu verschärften Streiks und neuen landesweiten Protesten für kommenden Dienstag auf.
Nach einer aktuellen Umfrage sind die Bürger Frankreichs bei der Rentenreform gespalten: 50 Prozent gaben an, sie unterstützten die Regierung, 49 Prozent lehnen die Reform ab. Ein Prozent war laut der Umfrage des Instituts Elabe für den Sender BFM-TV unentschlossen.
Streiks seit gut einer Woche
Die Streiks und Proteste hielten bereits den achten Tag in Folge an: Es fuhr nur einer von vier TGV-Schnellzügen, auch Bahnverbindungen nach Deutschland waren erneut betroffen. Auch am Freitag soll sich die Lage laut der Bahngesellschaft SNCF nicht verbessern. Die Mehrheit der Pariser Metros verkehrte ebenfalls nicht. Rund um die Hauptstadt bildeten sich Staus von zusammengerechnet 400 Kilometern Länge.
Auch Hafenarbeiter traten in Streik: In Le Havre am Ärmelkanal blockierten mehr als tausend Arbeiter das Hafen- und Gewerbegebiet. Ähnliche Blockaden gab es auch in Marseille, La Rochelle und Rouen.
In Städten wie Paris, Marseille und Lyon demonstrierten erneut tausende Menschen gegen die Rentenreform. Die Beteiligung war jedoch deutlich niedriger als zum Auftakt der Protestwelle am vergangenen Donnerstag, als mehr als 800.000 Menschen auf die Straße gegangen waren.