Zum Auftakt des NATO-Gipfels in London hat US-Präsident Donald Trump den französischen Staatschef Emmanuel Macron scharf kritisiert. Die Militärallianz zu ihrem 70-jährigen Bestehen als hirntot zu bezeichnen, sei "böse", "beleidigend" und "gefährlich", sagte Trump am Dienstag in der britischen Hauptstadt. Die NATO diene nach wie vor einer großen Sache und sei viel flexibler geworden.
Frankreich brauche die NATO wie kein anderer. Die USA dagegen profitierten am wenigsten von dem Bündnis. "Wir helfen Europa", sagte der US-Präsident. An die Adresse der deutschen Regierung gerichtet bekräftigte Trump, Deutschland trage in der NATO keinen fairen Anteil an den Lasten.
"Hirntod"-Sager
In London begehen die Staats- und Regierungschefs der 29 NATO-Staaten am Dienstag und Mittwoch das 70-jährige Bestehen des westlichen Verteidigungsbündnisses. Angefacht durch die umstrittene Äußerung Macrons über einen "Hirntod" der NATO, dürfte die Debatte über die Zukunft der Allianz eine wichtige Rolle bei der zweitägigen Begegnung spielen. Aufgeschreckt durch Macrons Urteil sind vor allem osteuropäische Staaten, die die NATO aus Angst vor Russland als Überlebensgarantie sehen. Gleich im ersten Teil der "London-Erklärung", die die NATO-Regierungschefs verabschieden wollen, werde deshalb die Bedeutung der Beistandsverpflichtung (Bündnisfall) nach Artikel fünf des Nordatlantikvertrages von 1949 erwähnt, heißt es in deutschen Regierungskreisen.
Doch auch Verteidigungsausgaben sowie der türkische Einmarsch in Syrien dürften zur Sprache kommen. Am Rande der Begegnung in Watford bei London sind zudem mehrere bilaterale Treffen geplant, so von Trump mit Macron und mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Am Dienstagabend werden die Staats- und Regierungschefs von Königin Elizabeth II. im Buckingham Palast empfangen.
Drohen mit Strafzöllen
Die US-Regierung droht Frankreich wegen seiner Digitalsteuer mit Strafzöllen - doch auch in Österreich, Italien und der Türkei sollen ähnliche Steuern überprüft werden, erklärte der amerikanische Handelsbeauftragte Robert Lightizer am Montag in Washington. "Österreich nimmt die aktuellen Ankündigungen der US-Regierung ernst", sagte der Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Dienstag zur APA.
Die zuständigen Ressorts seien daher schon länger in laufenden Gesprächen mit Vertretern der US-Regierung. "Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es keine konkreten Aussagen, dass die USA tatsächlich Sanktionen gegen Österreich planen", so der Sprecher von Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl. Daher könne derzeit auch nicht über mögliche betroffene Produktgruppen und damit verbundene Auswirkungen auf die Wirtschaft spekuliert werden.
"Grundsätzlich sehen wir Sanktionen generell kritisch und halten sie für den falschen Weg", betonte Ministeriumssprecher Felix Lamezahn-Salins. Europa und die USA sollten angesichts der aktuellen Wirtschaftslage "an einer nachhaltigen Entspannung der Handelskonflikte arbeiten", anstatt die Stimmung durch gegenseitige Strafdrohungen zu beeinträchtigen.