Die geplante türkische Militäroffensive in Nordsyrien könnte nach Angaben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan jederzeit beginnen. "Es gibt ein Sprichwort: Wir können jede Nacht ohne Warnung kommen", sagte Erdogan am Montag bei einer Pressekonferenz.
Mit Blick auf den bevorstehenden Militäreinsatz begann die US-Armee bereits, ihre Truppen in Nordsyrien von der türkisch-syrischen Grenze abzuziehen.
"Es steht völlig außer Frage, dass wir die Bedrohungen durch diese terroristischen Gruppen nicht weiter tolerieren können", sagte Erdogan mit Blick auf die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG). Ankara betrachtet die YPG-Miliz als Bedrohung, da sie eng mit den kurdischen PKK-Rebellen in der Türkei verbunden ist.
Das von den Kurden geführte Bündnis Syrische Demokratische Kräfte (SDF) warnte am vor einem Wiederaufleben der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) durch die bevorstehende türkische Militäroffensive. Ein Sprecher Erdogans wies die Befürchtungen zurück. Die Türkei werde nicht zulassen, dass der IS "in irgendeiner Art und Weise" zurückkehre, schrieb der Sprecher Ibrahim Kalin im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Nach Angaben der den syrischen Rebellen nahestehenden "Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte" zog die US-Armee ihre Truppen bereits von Schlüsselpositionen in Ras al-Ain und Tel Abyad ab. Das Weiße Haus hatte am Sonntag mitgeteilt, die US-Armee werde die bevorstehende türkische Militäroffensive "weder unterstützen noch darin involviert sein".
Erdogan hat nach Beginn eines US-Truppenabzugs von der türkisch-syrischen Grenze angekündigt, "die Entwicklungen in der Region" im kommenden Monat mit US-Donald Trump in Washington zu besprechen. Das Treffen solle in der ersten Novemberhälfte stattfinden, sagte er am Montag vor der Abreise zu einem Besuch in Serbien.
In einer Stellungnahme aus dem Weißen Haus hieß es, dass die USA der Türkei die Verantwortung für die in der Gegend inhaftierten IS-Kämpfer übertrügen. Erdogan sagte dazu, die Zahlen der Kämpfer in Gefängnissen seien "etwas übertrieben". Man überlege derzeit, wie mit ihnen umzugehen sei.
Die Vereinten Nationen (UNO) riefen alle Seiten auf, eine Gefährdung von Zivilisten im Falle eines türkischen Angriffs zu verhindern. Die UN hätten "bittere Erfahrungen" mit sogenannten Sicherheitszonen gemacht, sagte ein UN-Vertreter. Die UN-Helfer benötigten Zugang zu den Menschen im Nordosten Syriens, um sie mit Medikamenten und Lebensmitteln zu versorgen. "Wir hoffen das Beste, aber wir bereiten uns auf das Schlimmste vor."
"Wir wissen nicht, was passieren wird", sagte der Leiter des UN-Hilfseinsatzes in Syrien, Panos Moumtzis, am Montag in Genf. Es gebe "viele unbeantwortete Fragen" zu den Folgen einer Offensive.
Die Aussicht auf eine militärische Auseinandersetzung schickte die türkische Währung auf Talfahrt. Die Lira gab am Montag gegenüber dem Dollar um ein Prozent nach.