Zum Auftakt der Anhörungen der designierten EU-Kommissare hat das Europaparlament seine Macht demonstriert. Der zuständige Rechtsausschuss befand die Kommissarsanwärter aus Rumänien und Ungarn als für die künftige EU-Kommission "ungeeignet". Abgeordnete stimmten am Montag zum zweiten Mal gegen die Bestellung von der Rumänin Rovana Plumb und den Ungarn Laszlo Trocsanyi.

Beide EU-Kommissarsanwärter sind nicht zu Anhörungen in den Fachausschüssen des Parlaments zugelassen. Eine Lösung des Interessenskonfliktes oder ein Wechsel des Ressorts wurden dabei ausgeschlossen. Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss nun sagen, ob sie von Ungarn und Rumänien neue Kandidaten wünscht. Dass von der Leyen an den beiden umstrittenen Kandidaten festhält, gilt als unwahrscheinlich. Bereits am Donnerstag hatten die Abgeordneten bei Plumb und Trocsanyi finanzielle Interessenskonflikte festgestellt. 

Die rumänische Sozialdemokratin Plumb und der Fidesz-nahe Trocsanyi konnten den Rechtsausschuss in einer Sonderanhörung nicht von ihren integren Vermögensverhältnissen überzeugen: Dem früheren Justizminister Trocsanyi, der für das Erweiterungsressort vorgesehen war, wird eine mittlerweile zurückgefahrene Beteiligung an einer Anwaltsfirma angelastet, außerdem enge Kontakte zu Russland, seine Rolle beim Bau des AKW Paks II, überdies gibt es politische Vorbehalte gegen ihn wegen seiner Rolle bei den umstrittenen ungarischen Justizreformen. Die als Verkehrskommissarin nominierte Plumb konnte vor dem Rechtsausschuss nicht einen ungeklärten Privatkredit zur Finanzierung ihres Wahlkampfes und einen nicht angegebenen Bankkredit aufklären.

Gericht

Trocsanyi will gegen seine Ablehnung im Europaparlament vor Gericht ziehen. Er habe jetzt "keine Wahl", als sein Recht "vor dem zuständigen Justizgericht" zu suchen, erklärte der frühere ungarische Justizminister am Montag.

Plumb hat nach eigenen Angaben ihr strittiges 800.000-Lei-Darlehen (rund 170.000 Euro) getilgt, indem sie der Privatperson, von der sie das Geld geliehen hatte, "zwei Eigentumswohnungen überließ". Das teilte Plumb vor der Abstimmung dem Rechtsausschuss des EU-Parlaments am Montag in einem Schreiben mit. 

Nur Stunden davor hatte die rumänische Regierungschefin Viorica Dancila (Postkommunisten/PSD) klargestellt, Plumb nach wie vor für den Topjob zu unterstützen: Die 59-Jährige sei "durch und durch professionell" und bestens geeignet, "ihren Beitrag zur Festigung des europäischen Projekts zu leisten", weswegen sie sie weiterhin "voll und ganz" unterstütze, teilte Dancila via Facebook mit. 

"Ich bedaure, dass wir diese Entscheidung überhaupt treffen mussten und Frau von der Leyen diese Kandidaten nicht von vornherein abgelehnt hat", sagte der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken. Diese mangelnde Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den EU-Staaten lasse eine schwache EU-Kommission befürchten. Der Grünen Politiker Sergey Lagodinsky sagte: "Wir finden, dass die EU eine Kommission ohne Interessenkonflikte verdient. Dieser Verantwortung sind wir heute gerecht geworden."

Den Auftakt zu den Hearings, die bis 8. Oktober dauern, macht am heutigen Montagnachmittag der slowakische Kommissionsvize Maros Sefcovic, bisher Vizepräsident für die Energieunion und künftig für die Beziehungen zu den andere EU-Institutionen zuständig. Die gesamte EU-Kommission muss vor ihrer Amtsübernahme vom EU-Parlament gebilligt werden. Das Votum findet planmäßig am 23. Oktober statt. Am 1. November soll von der Leyens Team die Amtsgeschäfte von der Juncker-Kommission übernehmen.