Das Europarlament hat sich am Dienstag in Straßburg für die Nominierung von Christine Lagarde als neue Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgesprochen. 394 Abgeordnete stimmten für die Französin, 206 Abgeordnete dagegen und 49 enthielten sich. Die endgültige Entscheidung über ihre Bestellung trifft der Europäische Rat im Oktober. Am 1. November soll sie dann ihr neues Amt antreten.
Die EZB mit Sitz in Frankfurt am Main entscheidet über die Geldpolitik für die Eurozone und bestimmt unter anderem den Leitzinssatz, der auch für Sparer und Kreditnehmer wichtig ist. Hauptziel der EZB ist Preisstabilität.
Heimische Parteien dafür - außer FPÖ
Anfang September hatte sich Lagarde in einer Anhörung den Fragen der Mitglieder des Währungsausschusses des Parlaments gestellt. Dort kündigte die ehemalige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) etwa an, die ultralockere Zinspolitik ihres Vorgängers Mario Draghi fortführen und stärker auf eine grüne Finanzpolitik setzen zu wollen. Das Echo auf ihren Auftritt im Parlamentsausschuss war überwiegend wohlwollend. Auch die Vertreter von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS äußerten sich am Dienstag positiv über die Nominierung Lagardes, die FPÖ sprach sich indes klar dagegen aus.
Für den ÖVP-Europaabgeordneten und Vizepräsidenten des EU-Parlaments Othmas Karas ist Lagarde "die richtige Persönlichkeit zur richtigen Zeit am richtigen Platz", denn Währungspolitik verlange "nach einer ruhigen Hand, Berechenbarkeit, Konsequenz, Vertrauen und globaler Verantwortung". Lagarde kenne die Vielfalt an Herausforderungen und wisse um die Notwendigkeit von Reformen, so Karas. Geldpolitik könne aber "die notwendige Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion, die Durchführung von Strukturreformen und die Schaffung ausgeglichener Haushalte" nicht ersetzen, sondern nur ergänzen, betonte er.
"Kompetente Frau"
"Mit Christine Lagarde steht eine kompetente Frau an der Spitze der Europäischen Zentralbank", stellte die SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner fest. Europa brauche vor dem Hintergrund einer drohenden Rezession "eine Investitionsoffensive beim Wohnbau, im öffentlichen Verkehr und für junge Menschen. Gleichzeitig muss die gefährliche Konzentration von großen Vermögen abgebaut werden", forderte sie. Um die sozialen und ökologischen Herausforderungen der kommenden Jahre zu bewältigen, müsse die EZB einen entscheidenden Beitrag leisten.
Da Christine Lagarde angekündigt habe, "die Katastrophenpolitik Mario Draghis in der EZB fortzusetzen", lehne die FPÖ eine Nominierung Lagardes als EZB-Chefin ab, erklärte unterdessen der freiheitliche Europaparlamentarier Roman Haider. Draghi habe Pleiteregierungen und Spekulanten mit billigstem Geld versorgt, die Immobilienpreise in Europa auf ein Rekordhoch getrieben und Billionen von Euro nach Gutdünken in Europa umverteilt. Bezahlt hätten dies in erster Linie die Sparer in der Eurozone so Haider. "Dass Frau Lagarde diese Politik fortsetzen möchte, kann man nur als gefährliche Drohung auffassen."
"Beruhigendes Signal"
Die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon betonte, die liberale Fraktion habe für die Nominierung Lagardes gestimmt. "Ihre Ziele gehen sicher mit dem überein, was sich ändern sollte, etwa in der Klimapolitik", so Gamon. Außerdem finde sie, dass Lagarde eine beeindruckende Managerin sei und die neue Aufgabe sicher gut erfüllen werde.
"Lagardes Festhalten an der expansiven Geldpolitik ist ein beruhigendes Signal für Europa angesichts des drohenden Konjunktureinbruchs", sagte der Grüne Europaabgeordnete Sven Giegold aus Deutschland. Die Grünen würden Lagarde zudem dabei unterstützen, "die EZB zum Hebel für den Klimaschutz zu machen", so Giegold.