In Warschau hat Sonntagmittag die zentrale Gedenkfeier zum Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren begonnen. Auf dem Pilsudski-Platz empfing der polnische Präsident Andrzej Duda Vertreter aus mehr als 30 Ländern, unter ihnen auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Vizepräsident Mike Pence. Österreich war durch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) vertreten.
Duda appelierte an die internationale Gemeinschaft, entschieden gegen militärische Aggressionen vorzugehen. Den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 hätte es möglicherweise nicht gegeben, wenn sich die Westmächte dem "Anschluss" Österreichs entgegengestellt und scharf gegen die Verfolgung von Juden in Deutschland protestiert hätten, sagte Duda am Sonntag bei der zentralen Gedenkveranstaltung in Warschau.
Steinmeier erinnerte bei der Gedenkfeier an die historischen Verbrechen Deutschlands. "Ich stehe hier in Demut und in Dankbarkeit", sagte Steinmeier im Zentrum der polnischen Hauptstadt.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen rief anlässlich des Jahrestags zum Einsatz für eine friedliche Zukunft auf. Zudem würdigte er das "Gemeinsame Europa" als "einzigartiges Friedensprojekt". "Im Gedenken an die schreckliche Katastrophe des Zweiten Weltkriegs, im Gedenken an die Verfolgten und die Vertriebenen, im Gedenken an die vielen getöteten Zivilisten und Soldaten, im Gedenken besonders an jene, die mutig Widerstand geleistet oder Verfolgten Schutz und Hilfe gewährt haben und dafür oft selbst mit dem Leben bezahlen mussten, sollten wir gemeinsam unser Möglichstes tun, uns Krieg und Faschismus entgegenstellen und uns für eine friedliche Zukunft einsetzen", unterstrich Van der Bellen.
Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein betonte, dieser Tag mahne zur Erinnerung, "wohin Totalitarismus, Fremdenhass und Verblendung führen" könnten. "Gleichzeitig erinnert uns der 1. September 1939 an unsere immerwährende Verpflichtung, die demokratischen Errungenschaften zu hüten, als Gesellschaft das Miteinander stets vor das Trennende zu stellen und den Zusammenhalt in einem geeinten Europa zu stärken", wurde Bierlein von Regierungssprecher Alexander Winterstein auf Twitter zitiert.
Nazi-Deutschland hatte mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 den Zweiten Weltkrieg entfesselt. US-Präsident Donald Trump hatte seine Teilnahme an der Gedenkfeier in Warschau wegen Hurrikan "Dorian" kurzfristig abgesagt. Er wird durch Vizepräsident Mike Pence vertreten, der wie Steinmeier und Duda eine Rede halten wird.
Auch der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj zählt zu den Gästen der zweistündigen Zeremonie, bei der unter anderem eine gemeinsame Kranzniederlegung am Grabmal des Unbekannten Soldaten geplant ist. Der russische Präsident Wladimir Putin hingegen wurde zum Ärger Moskaus nicht eingeladen.
Steinmeier hatte bereits am frühen Sonntagmorgen in der Kleinstadt Wielun zusammen mit Duda an den ersten Angriff der deutschen Luftwaffe auf Polen erinnert. Der deutsche Bundespräsident bekannte sich zur historischen Schuld Deutschlands und bat Polen um Vergebung. Duda hatte Steinmeier noch vor Morgengrauen auf dem Marktplatz von Wielun empfangen - genau 80 Jahre nach dem Beginn des Bombardements.
1200 Zivilisten getötet
Die deutsche Luftwaffe hatte den Ort zwischen Breslau (Wroclaw) und Lodz weitgehend zerstört. Etwa 1.200 Zivilisten wurden getötet. Die ersten Bomben auf Wielun fielen gegen 4.40 Uhr und damit wenige Minuten vor dem deutschen Angriff auf die Halbinsel Westerplatte vor Danzig (Gdansk).
US-Vizepräsident Mike Pence rief indes Verbündete wie Deutschland während der Feier indirekt dazu auf, ihren NATO-Verpflichtungen nachzukommen. "Amerika und Polen werden mit all unseren Verbündeten zur gemeinsamen Verteidigung zusammenstehen", sagte Pence am Sonntag in Warschau. "Amerika und Polen werden unsere Alliierten auch weiterhin aufrufen, die Versprechen zu erfüllen, die wir uns gegenseitig gegeben haben." Eine starke Allianz freier und souveräner Nationen sei "die beste Verteidigung unserer Freiheiten".