Der italienische Premier Giuseppe Conte, der zuvor im Senat seine Demission angekündigt hat, ist zurückgetreten. Der parteilose Regierungschef, der seit 14 Monaten im Amt war, reichte bei Präsident Sergio Mattarella im Quirinalpalast seine Demission ein und erklärte ihm die Gründe seines Schrittes. Damit ist die Regierung aus Lega und Fünf Sterne-Bewegung offiziell gestürzt.
Nach dem Rücktritt startet Mattarella am Mittwoch um 16.00 Uhr Konsultationen mit den Parteien, um einen Ausweg zu finden. Dies teilte der Generalsekretär des Quirinals, Ugo Zampetti, mit. Die Konsultationen werden am Donnerstag zu Ende gehen. Conte reichte bei Mattarella seinen Rücktritt nach einer zehn Minuten langen Unterredung ein. Mattarella bat Conte, die Amtsgeschäfte vorläufig weiterzuführen, bis ein neuer Regierungschef eingesetzt wird.
Mattarella wird am Mittwoch Gespräche mit Ex-Staatschef Giorgio Napolitano, sowie mit den Parlamentspräsidenten Maria Elisabetta Casellati und Roberto Fico führen. Danach wird er die Vertreter der im Parlament vertretenen Parteien treffen. Nach Ende der Konsultationsrunde wird Mattarella seine Schlüsse ziehen und mitteilen, wie er zur Lösung der Krise vorgehen will.
Harte Kritik bei einer Rede im Parlament
Die von der rechten Regierungspartei Lega ausgelöste Regierungskrise in Italien hatte zum Ende des Populisten-Kabinetts um den parteilosen Premier geführt. Der Regierungschef kündigte am Ende einer einstündigen Ansprache vor dem Senat seinen Rücktritt an. Er zog damit die Konsequenzen des Misstrauensantrags, den die Lega gegen ihn am 9. August eingereicht hatte.
"Ich breche hier dieses Regierungs-Experiment ab", sagte Conte. Nach Ende der Debatte im Senat bot er dem Staatschef seinen Rücktritt an. Damit bricht die Allianz aus Lega und Fünf Sterne-Bewegung zusammen, die Italien in den vergangenen 14 Monaten regiert hatte. Wiederholt kritisierte Conte Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini als "verantwortungslos", weil er eine Regierungskrise heraufbeschworen hatte. Dem Innenminister warf Conte "schwere Mängel an institutioneller Kultur" vor.
Der Innenminister habe lediglich "seine eigenen Interessen und die seiner Partei", der Lega, verfolgt. Salvini, der zugleich stellvertretender Regierungschef ist, habe Italien damit "schweren Risiken" ausgesetzt. "Die Menschen anzutreiben, jedes Jahr zu wählen, ist unverantwortlich", kritisierte Conte. Mit seinem Beschluss, einen Misstrauensantrag gegen ihn einzureichen, unterbreche Salvini eine Regierungsarbeit, die in 14 Monaten mehrere beachtenswerte Resultate errungen habe. Conte warnte zugleich vor den Folgen der Regierungskrise für Italien in einer heiklen Wirtschaftsphase. "Die derzeitige Krise gefährdet unweigerlich die Arbeit der Regierung, welche hier endet", sagte Conte.
Kaum noch Chance auf Fortsetzung der Koalition
Salvini bekräftigte im Senat seine Forderung nach Neuwahlen. "Wir stehen im Dienst der Italiener und fürchten Neuwahlen nicht", sagte der 46-jährige Mailänder. Die Regierung sei zusammengebrochen, weil der Koalitionspartner Fünf-Sterne-Bewegung immer wieder Pläne seiner Lega blockiert hätten. "Monatelang habe ich mit Geduld weitergearbeitet, weil ich dem Regierungspartner Fünf Sterne vertraute", so Salvini.
Zugleich signalisierte der Innenminister Bereitschaft, mit der Fünf Sterne-Bewegung noch eine Reform zur Verkleinerung des Parlaments und das Budget für das nächste Jahr zu verabschieden, um dann den Weg für Neuwahlen zu ebnen. Das neue Budget müsse "mutig" sein und Steuersenkungen enthalten. Damit ließ Salvini noch die Möglichkeit einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem bisherigen Koalitionspartner offen.
Der Innenminister, dessen Ansprache wiederholt von Protesten aus den Reihen der Opposition unterbrochen wurde, hob die Leistungen seiner Lega hervor, vor allem im Kampf gegen die illegale Migration und im Einsatz für mehr Sicherheit. Sein Ziel sei es jetzt, die Steuern zu senken, um Italien mehr Wachstum zu garantieren. Italien benötige einen "mutigen Haushaltsentwurf", mit dem der Wirtschaft mehr Schwung verliehen werden könne.
Warnung an die Opposition
Salvini warnte vor einer neuen Regierung aus der Fünf-Sterne-Bewegung und den oppositionellen Sozialdemokraten. Eine Regierung mit Renzi gehöre der Vergangenheit an. Renzi begrüßte seinerseits das Ende der "Populistenregierung" in Italien.
Die Fünf-Sterne-Bewegung ist die stärkste Einzelpartei im Parlament. Gegenüber den Parlamentswahlen im März 2018 hat die Bewegung jedoch ihre Wählerstimmen bei den EU-Wahlen im vergangenen Mai auf 17 Prozent halbiert, während sich die Lega auf 34 Prozent verdoppeln konnte.
In dieser verworrenen Lage könnte Mattarella eine entscheidende Schlichterrolle in Rom übernehmen. Auf den seit 2015 amtierenden Präsidenten kommt jetzt die Aufgabe als Krisenmanager in einer heiklen politischen Phase zu. Spätestens am Donnerstag könnte Mattarella politische Konsultationen starten, um einen Ausweg aus der Krise zu finden.