Der weltweite Temperaturanstieg hat über den Landflächen der Erde bereits 1,53 Grad erreicht. Das geht aus dem am Donnerstag in Genf veröffentlichten Sonderbericht des Weltklimarats IPCC hervor. Unter Berücksichtigung der sich langsamer erwärmenden Meeresflächen sei die globale Temperatur insgesamt um knapp 0,9 Grad gestiegen.
Für diesen Report verglich der IPCC die Zeiträume 1850 bis 1900 und 2006 bis 2015. Der Weltklimarat hatte 2018 vor den Auswirkungen gewarnt, falls die globale Temperatur insgesamt über 1,5 Grad steigen sollte. In den kommenden Jahrzehnten werde die Zahl, Dauer und Intensität von Hitzewellen sowie Dürren nicht zuletzt rund ums Mittelmeer zunehmen, warnen die 107 Forscher aus 52 Ländern. In vielen Regionen werden außerdem häufiger extreme Regenfälle vorkommen.Der Weltklimarat empfiehlt in seinem Bericht dringend, im Kampf gegen eine weitere Erwärmung der Erde die Wälder und nicht zuletzt die Moore besser zu schützen. Zugleich sieht der IPCC Gefahren für die sichere Versorgung mit Lebensmitteln. "Die Stabilität des Nahrungsmittel-Angebots wird voraussichtlich sinken, da das Ausmaß und die Häufigkeit von Extremwetter-Ereignissen, die die Lebensmittelproduktion beeinträchtigen, steigen wird."
Der IPCC fordert ein radikales Umsteuern bei der Landnutzung. Um die wachsende Erdbevölkerung dauerhaft zu ernähren und zugleich das Klima zu schützen, müsse die internationale Gemeinschaft sofort handeln, fordern die Wissenschafter. Sie plädieren dafür, die Ausbeutung von Land, die Lebensmittelverschwendung und die CO2- Belastung durch die Landwirtschaft dringend zu reduzieren.
"Wir essen die Erde krank"
Als Reaktion auf den Bericht fordert die Umweltschutzorganisation WWF Österreich "eine radikale Trendwende in der Landnutzung und eine naturverträgliche Klimaschutz-Offensive."
Die Politik müsse reagieren: "Österreich muss sich auf EU-Ebene für eine Klimaneutralität bis 2040 statt 2050 einsetzen und selbiges auch in der Heimat vorantreiben. Das erfordert naturverträgliche Klimaschutzmaßnahmen in allen Sektoren des Energiesystems.“
Eine ähnliche Kritik kommt von Greenpeace: "Der IPCC-Bericht zeigt glasklar: Die Klimakrise ist auch eine Krise der Nahrungsmittelproduktion. Die Art und Weise, wie wir Nahrung produzieren, zerstört unsere Umwelt und lässt das Klima kollabieren. Wir essen die Erde buchstäblich krank", wird Jens Karg, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace in Österreich, in einer Aussendung zitiert.
Hitzewellen und Überschwemmungen
Der Vorsitzende des Weltklimarats IPCC, Hoesung Lee, betonte zuletzt vor allem die symbolische Wirkung auf die Öffentlichkeit, die der Report aussenden könnte. "Ich hoffe, dass wir die Aufmerksamkeit der Menschen für die Gefahren und Herausforderungen erhöhen können, die der Klimawandel für das Land bereithält, auf dem wir leben und das uns ernährt."
Zuletzt war die Öffentlichkeit alarmiert worden durch den Umstand, dass die Rodungen im brasilianischen Regenwald unter der neuen Regierung massiv vorangetrieben wurden. In den vergangenen Monaten war eine dichte Wolkendecke über den Wäldern gelegen, das wahre Ausmaß der Rodungen wurde erst vor wenigen Tagen sichtbar. Wissenschaftler beziffern die bisherige die Vernichtung der Flächen mit rund 20 Prozent. Wenn 25 Prozent erreicht würden, sei die Wirkung unumkehrbar: Regenzeiten würden sich verkürzen, die Versteppung des Regenwaldes drohe.
Nach Angaben des brasilianischen Weltrauminstituts INPE ist die Abholzung in den ersten sieben Monaten im heurigen Jahr um 67 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Demnach wurden von Jänner bis Juli 4.700 Quadratkilometer abgeholzt. Bolsonaro hatte die Daten des Instituts scharf kritisiert und den INPE-Chef gefeuert.
Die Rodungen im brasilianischen Regenwald konnten schon einmal eingedämmt werden. Unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise wurden sie jedoch wieder massiv verstärkt, Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro will es sich nicht nehmen lassen, den Regenwald wirtschaftlich zu nutzen - die Edelhölzer werden herausgeschlagen, die Areals mit Brandrodungen als Viehweiden nutzbar gemacht.
Bolsonaro lässt auch an einem Konzept arbeiten, wie der von Brasiliens Regenwäldern produzierte Sauerstoff zu Geld gemacht werden kann.
Brasilien rechnet nicht mit einem internationalen Boykott heimischer Produkte wegen der Rodung riesiger Flächen im Amazonas-Gebiet. Der Sprecher von Präsident Jair Bolsonaro sagte, die Regierung werde im Gegenteil eine Kampagne zur Förderung des Exports starten.
Die Rodungen sind in den vergangenen Jahren nicht nur in Brasilien flächenmäßig explodiert. Island setzte dieser Tage ein Zeichen: Millionen Setzlinge sollen die Insel wieder begrünen und damit ein Zeichen gegen den drohenden Klimakollaps setzen.
In vielen Ländern begründeten die Folgen des Klimawandels bereits schwere Nahrungsmittelkrisen, wie zuletzt in Simbabwe.