Viele der Spezialisten arbeiteten unter Leitung des Geheimdienstes des autokratischen Staates und "beschaffen Geld für sein Programm für Massenvernichtungswaffen", hieß es unterdessen in einem Bericht unabhängiger Experten für den Nordkorea-Sanktionsausschuss der Vereinten Nationen. In der Nacht auf Dienstag hatte der US-Sender CNN bereits über das Papier berichtet.
Der Gesamterlös durch die Online-Raubzüge nordkoreanischer Hacker wird in dem UNO-Bericht auf bis zu zwei Milliarden Dollar geschätzt, wobei unklar blieb, von welchem Zeitraum die Experten ausgehen. Die Deutsche Presse-Agentur konnte die Zusammenfassung des noch unveröffentlichten Berichts einsehen. Mehrere Diplomaten bestätigten, dass dieser an die Mitglieder des Sanktionsausschusses verschickt wurde. Im September soll er dem Weltsicherheitsrat vorgelegt und danach veröffentlicht werden.
In dem Bericht heißt es weiter, dass Nordkorea bei seinen "zunehmend ausgeklügelten" Angriffen nicht nur Gelder von herkömmlichen Finanzinstituten ins Visier nehme, sondern auch Digitalwährungen wie den Bitcoin. Diese hätten für Hacker den Vorteil, dass Angriffe auf sie schwieriger nachzuverfolgen seien und sie weniger gut von Regierungen überwacht würden.
Nordkorea wird immer wieder mit aufwändigen Angriffen im Internet in Verbindung gebracht. So wird dem Land die Attacke auf Sony Pictures 2014 zugeschrieben, bei der der komplette E-Mail-Bestand des Hollywood-Studios erbeutet und die Server gelöscht wurden. Auch der Angriff mit der Erpressungssoftware WannaCry, die 2017 mehrere hunderttausend Computer in 150 Ländern verschlüsselte, geht nach offiziellen US-Vorwürfen auf das Konto Nordkoreas.
Finanzsanktionen werden umgangen
Der UNO-Bericht kommt zu dem Schluss, dass Nordkorea mit seinen Raubzügen im Internet auch versuche, die internationalen Finanzsanktionen gegen das Land zu umgehen. Mit Digitalwährungen lässt sich online weitgehend anonym bezahlen, weil sie unabhängig von Regierungen oder Banken funktionieren. Gleichzeitig wird in dem Bericht festgestellt, dass Vertreter Nordkoreas im Ausland trotz Verboten weiter versuchten, für das Massenvernichtungsprogramm des Landes einzukaufen.
Raketentest als "angemessene Warnung"
Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un hat den jüngsten Raketentest seines Landes als Warnung an Südkorea und die USA bezeichnet. Es habe sich um eine "angemessene Warnung" angesichts des Militärmanövers der beiden Verbündeten gehandelt, sagte Kim nach Angaben der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA vom Mittwoch (Ortszeit).
Mit dem Abfeuern der Raketen sei die "Kriegsfähigkeit" der "neuartigen taktischen Lenkraketen" getestet worden. Nordkorea hatte am Dienstag nach südkoreanischen Angaben zwei mutmaßliche Kurzstreckenraketen abgefeuert. Die Geschoße flogen rund 450 Kilometer weit und stürzten dann ins Meer. Es war bereits der vierte Raketentest Nordkoreas in weniger als zwei Wochen. Am Vortag hatten die USA und Südkorea gemeinsame Militärmanöver gestartet, die schon im Vorfeld für wütende Reaktionen Nordkoreas gesorgt hatten.
Ein Sprecher des nordkoreanischen Außenministeriums hatte den jüngsten Test damit gerechtfertigt, die Manöver seien eine Verletzung der Friedensvereinbarung, die Südkorea und die USA mit dem Norden unterzeichnet hätten. Falls solche "feindlichen Militärübungen" weitergingen, könnte Pjöngjang einen "neuen Weg" anstreben, hieß es weiter, ohne Erläuterung, was das genau zu bedeuten hat.
UNO-Resolutionen verbieten Nordkorea - das auch mehrfach Atombomben getestet hat - die Starts von ballistischen Raketen kurzer, mittlerer und langer Reichweite. Solche Raketen sind in aller Regel Boden-Boden-Raketen, die einen konventionellen, chemischen, biologischen oder atomaren Sprengkopf befördern können.
Machthaber Kim und US-Präsident Donald Trump hatten Ende Juni bei einem kurzen Treffen im Grenzort Panmunjom auf der koreanischen Halbinsel neue Arbeitsgespräche zur atomaren Abrüstung in der Region vereinbart. Nach ihrem gescheiterten Gipfeltreffen im Februar in Vietnam weckte das Treffen neue Hoffnung auf Fortschritte in den festgefahrenen Verhandlungen über das Atomprogramm Nordkoreas.