Die Entscheidung sollte eigentlich erst am Sonntag auf einem EU-Sondergipfel fallen. Doch nun ist offenbar frühzeitig klar geworden, dass Manfred Weber von der Europäischen Volkspartei (EVP) nicht nächster Kommissionschef der EU (und damit Nachfolger von Jean-Claude Juncker) wird.
Die EU-Staats- und Regierungschefs sollen sich demnach am Rande des G-20-Gipfels im japanischen Osaka unter der Orchestrierung des scheidenden EU-Ratspräsidenten Donald Tusk darauf verständigt haben, dass der Posten nicht mit Weber besetzt wird. Dieser war zwar Spitzenkandidat der EVP, die bei der EU-Wahl stimmenstärkste Fraktion geblieben war. Doch die EVP hatte Stimmen verloren, und eine gemeinsame Mehrheit mit den Sozialdemokraten gibt es nun im Europäischen Parlament nicht mehr.
Gegen Weber war vor allem Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron aufgetreten. Nach einem Bericht des Portals "welt.de" habe die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich nach zwischenzeitlichem Zögern für Weber stark gemacht hatte, die Entscheidung gegen ihn bereits akzeptiert.
In den nächsten zwei Tagen soll nun darüber beraten werden, ob entweder der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Frans Timmermans, oder ein anderer Vertreter der EVP Kommissionschef werden kann. Die Entscheidung muss rasch fallen, bereits kommenden Dienstag soll der oder die neue EU-Kommissionschefin das Amt antreten.
Weber selbst hat bisher allerdings nicht auf den Anspruch verzichtet, Nachfolger von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu werden. Weber sei Kandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), hieß es am Samstag aus dem Umfeld Webers.
Die EVP werde erst am Sonntag entscheiden, wie sie sich vor dem Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs zur Vergabe mehrerer Spitzenposten am selben Tag positionieren werde. Die EVP sei angesichts der festgefahrenen Lage bei der Juncker-Nachfolge "zu Kompromissen bereit", hieß es aus Webers Umfeld weiter. Diese müssten aber das "Ergebnis der Europawahl berücksichtigen", bei der die EVP erneut stärkste Kraft im Europäischen Parlament geworden sei. "Das Wahlergebnis darf nicht ad absurdum geführt werden."
Nach Informationen der "Welt am Sonntag" hatten sich die beim G-20-Gipfel in Japan anwesenden EU-Staats- und Regierungschefs darauf geeinigt, dass Weber nicht Kommissionspräsident wird. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CSU-Schwesterpartei CDU habe dies bereits akzeptiert, hieß es in dem Bericht. Demnach geht es nur noch um die Frage, ob der Sozialdemokrat Frans Timmermans oder ein anderer EVP-Vertreter Chef der EU-Kommission werden soll.
Wichtig für die EVP sei, dass das "Demokratieprinzip" bei der Bestimmung des nächsten Kommissionspräsidenten gewahrt bleibe, hieß es aus Webers Umfeld. Dazu gehöre das Konzept, dass nur ein Spitzenkandidat der Parteien bei der Europawahl Kommissionschef werden könne. Der frühere niederländische Ex-Außenminister Timmermans hatte bei den Sozialdemokraten im Wahlkampf diese Position inne.