In der zweiten TV-Debatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber für die Wahl 2020 haben sich die Kandidaten hitzige und emotionale Auseinandersetzungen geliefert. Den stärksten Moment der Diskussion Donnerstagabend konnte die afroamerikanische Senatorin Kamala Harris (54) für sich verbuchen, als sie Ex-Vizepräsident Joe Biden scharf für Positionen zur Integration von Schwarzen angriff.
Insgesamt hatte diese zweite Runde der TV-Debatte mehr Feuer als die erste am Mittwoch: Die Kandidaten gerieten öfters aneinander, auch die Attacken auf den republikanischen Amtsinhaber Donald Trump waren schärfer als am Vortag.
Die zwei Runden waren notwendig geworden, weil das Feld bei den Demokraten so groß ist. Insgesamt 25 Bewerber schicken sich an, Trump bei der Präsidentenwahl im November 2020 herauszufordern. Mehr Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur hatte die Partei in dem Vorwahlprozess noch nie. Die TV-Debatten sind eine Gelegenheit, sich einem nationalen Publikum unter Beweis zu stellen. Zehn Kandidaten hatten dazu am Mittwoch die Gelegenheit, zehn weitere am Donnerstag. Die übrigen fünf hatten sich nicht qualifiziert.
Infight der Frontrunner
Bei der zweiten Runde in Miami trafen die Schwergewichte des Felds aufeinander. Mit Biden (76), dem linken Senator Bernie Sanders (77), Kamala Harris und dem Bürgermeister Pete Buttigieg (37) standen vier der fünf Kandidaten auf der Bühne, die in Umfragen vorne liegen.
Mit Spannung war erwartet worden, ob die anderen Bewerber sich auf Biden einschießen würden, um dem Spitzenreiter den Rang streitig zu machen. Biden liegt in Umfragen weit vorne. Zu Beginn der Debatte richteten sich die schärfsten Angriffe aber zunächst auf Donald Trump. So bezeichnete Sanders den Republikaner als "pathologischen Lügner" und "Rassisten".
Eine frühe Auseinandersetzung lieferten sich die Kandidaten beim Thema Gesundheitssystem. Sanders verteidigte lautstark seine Idee von "Medicare for All", also einem Ausbau der staatlichen Krankenversicherung für alle. Biden und andere Vertreter des moderaten Flügels machten sich dagegen für eine Verbesserung des bestehenden Systems stark.
Tiefe Gegensätze
An dieser Stelle offenbarte die Debatte die tiefen Gegensätze zwischen dem linken Flügel mit Sanders als lautestem Vertreter und dem moderaten Teil, zu dem Biden zählt. Manche Beobachter hatten erwartet, dass die Debatte vor allem ein Duell dieser beiden werden könnte. Aber Kamala Harris stahl Sanders die Show.
Die Senatorin aus Kalifornien attackierte Biden in der zweiten Hälfte der Debatte für dessen Bemerkungen über zwei Senatoren, die Anhänger der Trennung von Schwarzen und Weißen waren, sowie seine frühere Position zur Integration afroamerikanischer Schüler.
Biden hatte sich vor Kurzem bei einer Spendengala dazu geäußert, wie er zu Beginn seiner Karriere im Senat mit zwei Abgeordneten, die Befürworter der Rassentrennung waren, zusammengearbeitet habe, obwohl er mit ihnen nicht übereingestimmt habe. Biden führte dies als Beispiel dafür an, warum überparteiliche Zusammenarbeit wichtig sei, um Probleme zu lösen. Er erntete dafür scharfe Kritik. Harris nannte die Aussagen am Donnerstag "verletzend".
Harris kritisierte Biden zudem dafür, dass er in den 1970er Jahren dagegen gewesen sei, dass Kinder mit Bussen zu Schulen in anderen Bezirken gefahren wurden, um die Trennung von Schwarzen und Weißen aufzuheben. Ziel war die Integration vor allem schwarzer Schüler. Harris - die erst die zweite schwarze Senatorin in der Geschichte der USA ist - verknüpfte dies mit ihrer eigenen Biografie: Sie selbst habe als kleines Mädchen in einem solchen Bus gesessen, sagte sie. Biden wies die Kritik zurück und warf Harris vor, seine Positionen falsch dargestellt zu haben.
Harris mit starken Momenten
Ohnehin hatte Harris mehrere starke Momente - etwa als sie sich beim Thema Einwanderung geschickt von den Massenabschiebungen unter dem demokratischen Präsidenten Barack Obama abgrenzte - und damit auch von Biden, der die Politik Obamas als dessen Vize mitgetragen hatte.
Einen weiterer Höhepunkt lieferte die Debatte, als die Moderatorin Savannah Guthrie von den Teilnehmern wissen wollte, ob ihre Pläne für die Krankenversicherung Einwanderer ohne Papiere einschließen würden. Alle zehn hoben daraufhin ihre Hände.
Trump, der beim G-20-Gipfel in Osaka ist, schlachtete dies sogleich auf Twitter aus. "Alle Demokraten haben gerade ihre Hände dafür gehoben, Millionen illegalen Ausländern unbegrenzte medizinische Versorgung zu geben. Wie wäre es damit, zuerst einmal für amerikanische Staatsbürger zu sorgen!?", schrieb er.
Am Rande des G-20-Gipfels sagte Trumps, die Demokraten seien zu einer Art "sozialistischen Partei" geworden. Er fügte hinzu: "Ich habe die Debatten ein bisschen zwischen den Treffen angeschaut und war nicht beeindruckt." Trump hatte seinen Wahlkampf für eine Wiederwahl 2020 offiziell in der vergangenen Woche eröffnet.
Die Vorwahlen, bei denen der Kandidat oder die Kandidatin der Demokraten gegen Trump für die eigentliche Wahl am 3. November 2020 bestimmt wird, beginnen erst im Februar im Bundesstaat Iowa. Bei den Republikanern gibt es außer Trump bisher nur einen weiteren Kandidaten, der für die Partei in die Wahl ziehen will. Dabei handelt es sich um den früheren Gouverneur des US-Bundesstaats Massachusetts, Bill Weld. Ihm werden aber keine nennenswerten Chancen eingeräumt, Trump die Kandidatur der Republikaner streitig zu machen.