Der amerikanische Botschafter Trevor Traina hat erneut Österreich für ein Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin ins Spiel gebracht. Beim vorhergehenden Treffen hatte Helsinki das Rennen gegen Wien gemacht. Diesmal könne er sich aber einen anderen Ort als die Hauptstadt vorstellen. „Wien wäre ein guter Ort, ich würde aber für Graz plädieren“, sagte Traina im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Die steirische Landeshauptstadt wäre aus seiner Sicht geeignet, weil die Infrastruktur für einen Gipfel vorhanden wäre, die Schönheit der Gebäude dafür spräche und die Internationalität mit den vielen Studenten ein wichtiges Argument sei. Man käme zudem schnell und leicht von Wien nach Graz, sagt Traina, der damit auch betonen möchte, ein Botschafter für ganz Österreich und nicht nur für Wien zu sein.
Ein Jahr nach seiner Amtsübernahme habe er sich mit seiner Familie gut eingelebt. „Ich lerne bereits Deutsch“, sagt der Botschafter. Dies liege zum einen an den Cobra-Beamten, die ständig bei ihm seien. Zum anderen sei es aber auch in der Familie verankert. „Mein Großvater war bereits Botschafter in Wien und meine Großmutter spricht noch immer Deutsch“. Sie habe immer wert darauf gelegt, Wienerisch mit ihm zu sprechen – schon als junger Bursche bei seiner allerersten Auslandsreise nach Österreich. „Ich sagte ihr, du hast mir beigebracht: Raus mit dem Klumpert! Und sie verbesserte mich: Nein, ich sagte dir: Weg mit dem Klumpert!“. In seinem Leben gebe es auch keine „Kartoffel“ sondern nur „Erdäpfel“ und „Marillen“. Er kenne die Unterschiede gut, weil sein Onkel in Wolfsburg lebt.
Positive Bilanz
Die Bilanz seines ersten Jahres fällt gemischt aus und ist von zwei Ereignissen geprägt: Vom Besuch von Ex-Kanzler Sebastian Kurz im Weißen Haus, den Traina maßgeblich miteingefädelt hat - und dem Bruch der Regierung. Er habe bereits alle neun Bundesländer besucht und sei begeistert vom Land. Er sei als Botschafter Übersetzer nach Washington, dies gelte aber auch in die andere Richtung. „Die Österreicher sagen mir immer, ihr Land nur ein kleines Land mit wenig Einfluss“, erzählt Traina aus seinen Gesprächen. „Denen sagte ich dann immer: Nein, Ihr seid kein kleines Land und Euer Einfluss in Europa ist größer als Ihr das wahrnehmt.“
Er führt dabei auch die militärische Einflussnahme an. „Österreich hat ein Dutzend Friedensmissionen rund um den Globus unterstützt.“ Im Kosovo sei das Land sogar zweitgrößter Truppensteller nach den Vereinigten Staaten, betont Traina. Nach Washington meldet er seit einem Jahr, warum Österreich ein so wichtiger Verbündeter sei und warum das Land mit seiner Rolle in der Region mehr Aufmerksamkeit verdiene. Zur aktuellen Situation will er sich als Botschafter aber nicht direkt äußern. „Ich lernte aber, dass es in Österreich nie langweilig wird“, sagt Traina und lacht. Es habe eine große atmosphärische Übereinstimmung zwischen den Regierungen in Washington und Wien gegeben, er arbeite aber auch weiterhin an guten Beziehungen.
Wirtschaftlich enge Beziehungen
Dies gelte vor allem für die Wirtschaftsbeziehungen. Dies sei ihm ein wichtiges Anliegen, weil er selbst Entrepreneur gewesen sei und deshalb um die Bedeutung für Jungunternehmer weiß. Hier sieht er allerdings noch Nachholbedarf beim Standort Österreich. Es gäbe weniger Tradition für Risikobereitschaft und keine ausgeprägte Kultur des Scheiterns, kritisiert Traina. „Die Regulierungen in Europa sind nicht geschaffen, technologische Neuerungen zu ermöglichen.“
Noch etwas sei ihm sehr wichtig: „Wenn Trump Europa kritisiert, dann meint er nicht Österreich sondern Brüssel und die dortige Bürokratie.“ Traina habe aber das Gefühl, dass viele Europäer dieses Unbehagen teilen würden. Es sei aber die US-Position, dass ein starkes Europa wichtig sei. Europa müsse aber seinen Beitrag zur Sicherheit auch selbst tragen. Dies gelte vor allem für die Nato. Auf die Frage des US-Präsidenten beim Besuch von Kurz im Oval Office, wie hoch denn die Verteidigungsausgaben seien, habe der damalige Kanzler geantwortet, Österreich sei neutral und nicht im Nordatlantikbündnis, erzählt der Botschafter. Daraufhin habe Trump gesagt: „Ich weiß, dass ihr neutral seid, aber ihr profitiert davon, von Nato-Staaten umgeben zu sein.“ Und beide hätten gelacht, sagt Traina.
Ingo Hasewend