Gianni De Michelis, einer der mächtigsten sozialistischen Spitzenpolitiker Italiens in den 1980er Jahren, ist am Samstag im Alter von 78 Jahren gestorben, wie seine Familie mitteilte. Der gebürtige Venezianer war jahrelang "rechte Hand" des verstorbenen Sozialistenchefs und zweimaligen Ministerpräsidenten Bettino Craxi.
Der wegen seiner wirren Haare bekannte De Michelis zählte in den 80er Jahren zu den facettenreichsten, schillernsten Politikern Italiens. Von 1976 bis 1993 saß er als sozialistischer Mandatar im italienischen Parlament. Von 1980 bis 1992 bekleidete er verschiedene Ministerposten. Von 1989 bis 1992 war er Außenminister und unterzeichnete für Italien den Maastrichter Vertrag. Zuletzt war er von 2004 bis 2009 Europaabgeordneter.
Die Chemie der Politik
Seine erste Karriere brachten dem Diplomchemiker rasch Lehrstühle für Chemie in Padua und Venedig ein. Nachdem er sich für Arbeiterkämpfe und in der Kommunalpolitik erfolgreich engagierte, wechselte er 1976 in den Politikerberuf. Bald gelang ihm in der Partei Bettino Craxis der Sprung in die Regierung, zunächst als Minister für Staatsbetriebe, wo er die Reprivatisierung mancher Betriebe durchsetzte.
Der Öffentlichkeit war der schwergewichtige Politiker vor allem wegen seiner Vorliebe für Parties und Discobesuche bekannt, wo er oft umgeben von Schönheiten auftrat. Unter anderem schrieb er ein Buch über Italiens Discoszene.
Als die Sozialistische Partei (PSI) infolge der massiven Korruption im Umfeld Craxis Anfang der 90er Jahre zusammenbrach, musste sich De Michelis mehreren Gerichtsprozessen stellen. Er gründete aus den Überresten des rechten Flügels der PSI 1997 eine kleine Partei, die sich Partito Socialista nannte. 2001 gründete er dann gemeinsam mit Bettino Craxis Sohn Bobo die Nuovo PSI, die zum Mitte-Rechts-Bündnis Casa delle Libertà gehörte, das Silvio Berlusconi unterstützte.