Ein breites Themenfeld ist am Mittwoch in den ORF-Konfrontationen zur EU-Wahl beackert worden. In Teil 1 der insgesamt 15 Duelle der Spitzenkandidaten der sechs Parlamentsparteien gab es nicht nur die erwarteten Angriffe, sondern auch teils überraschende Sympathiebekundungen zu sehen. Schärfer fielen die Gespräche meist jener Paarungen aus, die im selben Wählerteich fischen.
Dies ist bei Grün-Spitzenkandidat Werner Kogler und dem von der Liste Jetzt unterstützten Johannes Voggenhuber der Fall. Sie matchten sich, wer denn besser für Klima- und Umweltschutz eintritt. Kogler reklamierte "Engagement und Glaubwürdigkeit" bei diesen Themen für seine Partei - und sein früherer Parteikollege Voggenhuber konterte: "Ich kämpfe seit 40 Jahren für die Umwelt und habe viele Erfolge errungen."
Links blinken, rechts abbiegen
Koalitionen bzw. Kooperationen ihrer Parteien mit der FPÖ hielten sich Werner Kogler und Andreas Schieder (SPÖ) im Match um linke Stimmen vor. Und Kogler führte auch den Angriff, dass die SPÖ - etwa in Sachen Migration - oft "links blinkt, aber rechts abbiegt". Woraufhin Schieder ihm "die Grüne DNA" vorhielt, "sich nach innen zu zerstreiten, obwohl man für das selbe kämpft".
Ähnlich lief es zwischen Schieder und Voggenhuber: Man fand sich zwar gemeinsam in der Allianz gegen Rechts - aber Voggenhuber hielt Schieder die Zustimmung des noch rot-schwarz geführten Österreich zu den EU-Sparvorgaben vor, die in Griechenland zur "humanitären Katastrophe" geführt hätten. Voggenhuber komme "immer mit den persönlichen Erlebnissen der letzten 1.000 Jahre daher", konterte Schieder und attestierte dem EUROPA Jetzt-Kandidaten "so a grantiger Mensch geworden" zu sein.
Gamon - Karas
Unerwartet scharf verlief das Duell der beiden "glühenden" Europäer Othmar Karas (ÖVP) und Claudia Gamon (NEOS) - schon über die EU-Urheberrechtsreform, aber noch viel schärfer, als Gamon Karas in Antwort auf seine Distanzierung von den "Rändern" (gemeint die Rechtspopulisten) die ÖVP-FPÖ-Koalition vorhielt. Er kandidiere für das Europaparlament, dort habe die ÖVP keine Koalition mit der FPÖ - und er werde sich "von einer Regierungsbeteiligung der FPÖ meine Glaubwürdigkeit in der EU nicht beeinträchtigen lassen", konterte Karas.
"Tragödie"
Im Gespräch mit Voggenhuber musste er sich diesem Thema noch einmal stellen. Dieser ortete eine "Tragödie" in Karas' Kandidatur: Die türkise Riege hinter ihm teile nicht seine Werte und Ziele und Karas führe mit seinem Ansehen 100.000e Wähler ins Antieuropäer-Lager. Die ÖVP vergebe die Mandate strikt nach Vorzugsstimmen, die Wähler würden also entscheiden - und er stelle sich dieser Wahl gerne, antwortete Karas. Und er habe deshalb keine eigene Partei gegründet, weil das "keine Probleme löst".
Sachlich und betont freundlich unterhielten sich Schieder und Gamon - auch wenn sie über die Fragen einer EU-Armee oder des Mindestlohnes unterschiedlicher Ansicht waren.
Handzahmer Vilimsky
Ungewohnt handzahm zeigte sich FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky in den Gesprächen mit Gamon und Kogler. Auch wenn man über die Entwicklung der EU - wo Gamon für ihre Idee des Vereinten Europas warb - höchst unterschiedlicher Meinung sei, eine einen der "Reformzugang", lobte er Gamons sachliche Argumentation. "Sie sind auch mein Lieblingsgegner" antwortete die NEOS-Kandidatin und schenkte ihm ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Ich bin ein EU-Groopie". Selbst beim strittigen Thema Ungarn blieb der Ton recht sachlich.
Nicht um die von Kogler oft scharf kritisierte rechtspopulistische Ideologie, sondern um Klimaschutz und Atomkraft ging es im grün-blauen Duell - und gestritten wurde darum, wer der größere Tierschützer ist. Vilimsky beanspruchte dies für sich, während Kogler den Grünen EU-Abgeordneten Thomas Waitz als "den Tierschutzexperten" im Europaparlament vorbrachte. Ein ähnliches Match zum Thema Atomkraft endete mit der Aufforderung Koglers, man sollte doch gemeinsam zum slowakische AKW Mochovce fahren und dort die Einfahrt blockieren.