Bundeskanzler Sebastian Kurz' Aufforderung an Italien zur Einhaltung der EU-Regeln in Sachen Schuldenabbau sorgt in Roms Regierung für heftige Reaktionen. "Die Worte des österreichischen Bundeskanzlers gegen Italien sind gefährlich und kontraproduktiv. Er soll sich bei den Italienern entschuldigen", forderte die Fraktionschef der Fünf Sterne-Bewegung im EU-Parlament, Laura Agea.

"Kurz' Drohungen nähren Vorurteile und Misstrauen unter EU-Bürgern. Der österreichische Kanzler ist ein Vertreter der Europäischen Volkspartei, zu der die Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi gehört. Wer für diese Partei stimmt, wählt gegen Italien", so Agea in einer Presseaussendung.

Kurz hatte in einem Interview die Einhaltung der Regeln in der EU gefordert. Man müsse verhindern, dass Italienmit einer "verantwortungslosen Schuldenpolitik" zu einem zweiten Griechenland werde. "Dieser Aspekt muss in einem neuen EU-Vertrag geregelt werden", so der Kanzler im Gespräch mit der italienischen Tageszeitung "La Stampa".

"Wir werden uns nur dann von der Krise befreien, wenn es klare Sanktionen gegen EU-Mitglieder geben wird, die Verschuldung verursachen. Wir alle müssen für die Reduzierung des Defizits und für die Einhaltung der Regeln des EU-Stabilitätspakts arbeiten", sagte der Kanzler. Nur so könne man garantieren, dass die EU-Währungsunion langfristig erfolgreich und stabil sei. Nur so könne man verhindern, dass "Italien den gesamten Euroraum" gefährde.

Die EU-Parlamentswahlen Ende Mai betrachtet die Fünf Sterne-Bewegung als "Referendum". "Die Bürger müssen wählen, ob sie sich weiterhin der alten Sparpolitik anvertrauen wollen, die von Politikern wie Kurz unterstützt wird, oder ob sie Europa ändern wollen, indem man auf Mindestlohn, expansive Investitionen und Politik zur Förderung von Jugendlichen und Startups setzt", so Agea.

Anders sieht die Lage die oppositionelle Forza Italia. "Wenn sich die Regierungskoalition aus Lega und Fünf Sterne-Bewegung von rechten Verbündeten in Europa Unterstützung erhofft, täuscht sie sich, wie aus Kurz' Interview klar hervorgeht", so die Fraktionschefin der oppositionellen Forza Italia im Senat, Anna Maria Bernini.

"Zwischen einem Selfie und dem anderen sollte (Lega-Chef und Innenminister Matteo) Salvini das Interview seines rechtspopulistischen Freundes Kurz lesen. Wenn er sich von ihm Hilfe für Italien erhofft, wird Salvini eine Enttäuschung erleben", kommentierte die sozialdemokratische Parlamentarierin Simona Bonafé.