Den Mann, der seit zweieinhalb Jahren ihr König ist, kennen die Thais nun schon in den verschiedensten Gestalten. Als überlebensgroßen Monarchen, so wie er in Bangkok auf Plakaten von hohen Gebäuden hängt. Als jungen Mann von den neuen Geldscheinen. Als strengen Herrscher aus der Ferne, der seiner Schwester verbietet, in die Politik zu gehen.
Und auch Maha Vajiralongkorns wenig standesgemäße Auftritte während seiner vielen Deutschland-Aufenthalte haben sie zur Kenntnis genommen.
Am Samstag nächster Woche (4. Mai) jedoch werden die knapp 70 Millionen ihren König zu sehen bekommen wie noch nie: in handgesticktem Ornat, in goldenen Knickerbockern und mit Pantoffeln, deren Sohle aus Blattgold besteht. Und: mit Krone. 30 Monate nach dem Tod seines Vaters Bhumibol wird der Monarch endlich gekrönt.
Später wird der 66-Jährige auf einer Sänfte durch die Stadt getragen. Erwartet wird, dass Hunderttausende dabei sind - alle auf Knien, wie sich das gehört. Wer stehen bleibt, muss damit rechnen, ein Stöckchen in die Kniekehle zu bekommen. Für die Thais ist es eine der ersten Gelegenheiten, den Monarchen, der sehr oft im Ausland ist, aus der Nähe zu sehen.
Wenn der Pomp vorüber ist, wird Rama X. - so der offizielle Name - alle Würden eines Thai-Monarchen haben. Künftig darf er unter einem neunstufigen Schirm sitzen, was dort noch wichtiger ist als die Krone. Zudem darf er sich Devajara nennen, göttlicher Herrscher.
An die letzte solche Zeremonie können sich nur noch die Ältesten erinnern. Die Krönung im Großen Palast ist die erste seit fast sieben Jahrzehnten. Als Bhumibol sich die "Große Krone des Sieges" aufsetzte - ein Trumm aus Gold von mehr als sieben Kilo Gewicht, 66 Zentimeter hoch, besetzt mit Diamanten - schrieb man das Jahr 1950. Bhumibol blieb so lange an der Macht wie kein anderer König der jüngeren Weltgeschichte. Selbst die Queen würde ihn erst 2022 überholen.
Überhaupt hatte Thailand seit Beginn der Chakri-Dynastie 1782 nur neun Monarchen. Alle bekamen den Namen Rama, was auch für Leute aus dem Westen einfacher ist als die schier endlosen Thai-Namen. Dann wurde strikt durchnummeriert. Rama X. heißt in ganzer Länge Maha Vajiralongkorn Bodin Dradebaya Warangkun. In etwa bedeutet das: "König der Blitze, Abkömmling von allmächtigen Gottheiten". Kein Wunder, dass so jemand ein großes Ego hat.
Bisher - das darf man wohl trotz des sehr strengen Gesetzes sagen, das ihn vor jeder Form von "Majestätsbeleidigung" schützt - sind die Thais mit ihrem jetzigen Monarchen noch nicht warm geworden. Am meisten verehrt wird immer noch Bhumibol, gefolgt von seiner Witwe Sirikit, die mit ihren 86 Jahren gerade ins Krankenhaus musste.
Mit dem Sohn der beiden - dem einzigen neben drei Töchtern - haben es die Thais bisher nicht so. Sirikit selbst sagte einst den Satz, der ihm bis heute nachhängt: "Mein Sohn hat etwas von einem Don Juan. Frauen finden ihn interessant, und er findet Frauen noch interessanter." Mit 13 wurde er auf weiterführende Schulen ins Ausland geschickt, zunächst nach Großbritannien, dann nach Australien. Dort absolvierte er auch eine Militärakademie.
Ruf als Lebemann
Den Ruf als Lebemann wurde er nie mehr los. Drei gescheiterte Ehen, zwei Töchter, fünf Söhne. Als mutmaßlicher Thronfolger gilt der Jüngste, Prinz Dipangkorn Rasmijoti, der nächste Woche 14 wird.
Mit wem der König heute zusammenlebt, weiß man nicht genau. Verheiratet ist er jedenfalls nicht. Auf den Teil des Protokolls, in dem der frisch gekrönte König die Frau an seiner Seite zur Königin erhebt, wird am Samstag verzichtet.
Bekannt ist, dass er die vergangenen Jahren mit einer ehemaligen Stewardess verbrachte. Das Paar war oft in einer Villa in Tutzing am Starnberger See, bei einem geschätzten Vermögen von mehr als 35 Milliarden Euro nur eine kleinere Immobilie. Die Tutzinger bekommen vom "Thai-Kini" nur wenig mit. Man weiß aber, dass der jüngste Sohn in der Nähe zur Schule geht und eher westlich erzogen wird.
Brief auf Deutsch
Als das Höhlendrama um ein thailändisches Fußball-Team im letzten Sommer die Welt bewegte, schrieb er den Buben einen Brief auf Deutsch: "Liebe Kinder, ihr hattet sicher große Angst. Aber ich habe immer an euch gedacht. Ich bin überglücklich, dass ihr alle gesund seid." In Thailand löste das Erstaunen aus: wegen der Sprache, aber auch, weil der Prinz in der Lage war, Mitgefühl auszudrücken. Ob der Vater dazu auch fähig ist?
Trotz Zensur weiß man in Thailand von verschiedenen Auftritten in Bayern, bei denen der König oben herum nur wenig trug. Wer deshalb glaubt, dass Rama X. nicht ernst zu nehmen ist, täuscht sich. Den Willen zur Macht hat er schon zur Genüge bewiesen. Auch nach dem Ende der absoluten Monarchie haben Thai-Könige eine hochpolitische Rolle. Ohne ihre Gunst kann keine Regierung überleben - auch die Militärs nicht. Bei Audienzen müssen auch die Generäle auf die Knie.
Per Verfassungsänderung setzte der König durch, dass er keinen Vertreter mehr braucht, wenn er im Ausland ist - wichtig wegen der vielen Bayern-Aufenthalte. Zudem sicherte er sich volle Kontrolle über den riesigen Firmenbesitz der Dynastie. Die größte Aufregung verursachte er, als er im Frühjahr seiner Schwester Ubolratana (68) verbot, gegen die Militärs als Premierministerin zu kandidieren.
Offizielle Begründung: Das Königshaus stehe über der Politik. Am Abend vor der Wahl mahnte er das Volk, keine "schlechten Leute" an die Macht zu lassen. Viele sahen dies als Empfehlung für die Militärs. Ob dies so gedacht war, weiß man nicht. Nach der Krönung ist es in Bangkok üblich, dass sich der König von einem Balkon ans Volk wendet. Auch Rama X. will dies tun. Zu sagen gäbe es einiges.