Der Fernsehkomiker Wolodymyr Selenskyj hat die erste Runde der ukrainischen Präsidentenwahl klar für sich entschieden. Laut Exit-Polls hängte er Amtsinhaber Petro Poroschenko am Sonntag mit 30 zu 18 Prozent der Stimmen klar ab. Dieser zeigte sich dennoch zuversichtlich, die Stichwahl am 21. April zu gewinnen. Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko wollte sich indes nicht geschlagen geben.
Die vom österreichischen Institut SORA durchgeführte Wählerbefragung für den Sender News One sah Selenskyj mit 30,7 zu 18,6 Prozent vor Poroschenko. Nach einer anderen Exit Poll führte der Komiker mit 30,4 zu 17,8 Prozent. Dritte wurde Timoschenko mit 13,9 bzw. 14,2 Prozent der Stimmen. Sie kritisierte in einer ersten Reaktion "all die gekauften Exit Polls" und verwies auf eine andere Erhebung, die sie bei 20,9 Prozent sehe. Daher werde sie und nicht Poroschenko in der Stichwahl gegen Selenskyj antreten. Auf dem vierten Platz landete Ex-Premier Juri Bojko mit 10,3 bzw. 9,8 Prozent der Stimmen.
"Das ist nur der erste Schritt zum großen Erfolg", kommentierte Selenskyj die Prognosen. Er betonte, als unabhängiger Kandidat weitermachen zu wollen. "Wir wollen uns mit niemandem zusammentun und haben keine Verhandlungen dazu geführt", sagte er.
Poroschenko trat geradezu euphorisch vor seine Anhänger und versprach mit Blick auf seinen Kontrahenten, dass die "Witze am 21. April vorbei sein" werden. "Wir werden sicher gewinnen", betonte der Präsident. "Wir Ukrainer haben das russische Szenario gestoppt und die Ukrainer werden dieses Szenario im zweiten Wahldurchgang verhindern", kündigte er eine harte Auseinandersetzung mit Selenskyj an, den er damit offenbar in die Nähe des Kremls rücken möchte.
Insgesamt waren 39 Kandidaten bei dem Urnengang angetreten, weswegen fix mit einer Stichwahl gerechnet wurde. Selenskyj (41) hatte schon vor der Wahl die Umfragen angeführt. Er kam vor allem im russischsprachigen Osten und Süden des Landes sowie bei jungen Wählern gut an. Landesweite Popularität erreichte er mit der Fernsehserie "Diener des Volkes", in der er einen Wutbürger darstellt, der zum Präsidenten gewählt wird.
Für eine Ukraine "ohne Korruption"
Selenskyj hatte seine Stimme am Sonntagvormittag im Norden Kiews unter großem Medienandrang abgegeben. Auf Fragen insbesondere internationaler Journalisten antwortete er mit Gemeinplätzen. Er trete für eine bessere Ukraine ohne Korruption und Bestechungsgelder ein, sagte Selenskyj. Auf die Frage, welchen Staat er als Präsident der Ukraine zuerst besuchen wolle, antwortete der entspannt wirkende Fernsehstar ausweichend. "Ich denke, dass ich zuerst alle Regionen der Ukraine besuchen werde", erklärte er.
Poroschenko (53) hatte bei seiner Stimmabgabe die große Bedeutung der Wahl hervorgestrichen. "Diese Wahl ist eine absolute Grundvoraussetzung für unsere Bewegung vorwärts, zu unserer Mitgliedschaft in EU und NATO", sagte er. Es sei für ihn eine Schicksalswahl. Alle drei favorisierten Kandidaten hatten erklärt, sie wollten die territoriale Unversehrtheit der Ukraine wiederherstellen. Neben den selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk wollen sie auch die von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim wieder unter ukrainische Hoheit stellen.
Herausforderer kritisieren Unregelmäßigkeiten
Rund 30 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, auf dem 80 Zentimeter langen Stimmzettel ein Kreuz zu machen. Die von Russland unterstützten abtrünnigen Regionen Donezk und Luhansk im Kriegsgebiet Donbass nahmen nicht an der Wahl teil. Die Sicherheitsvorkehrungen in dem Land waren hoch. Zehntausende Einsatzkräfte waren abgestellt, um Zwischenfälle zu verhindern.
Während Vertreter Selenskyjs und Timoschenkos von zahlreichen Unregelmäßigkeiten berichteten, darunter Stimmenkauf und mehrfache Stimmabgaben, sprach die Zentrale Wahlkommission von einem regulären Verlauf des Urnengangs. "Die Wahlen verlaufen regulär, systemhafte Verstöße sind bisher nicht fixiert worden", sagte die Sekretärin der Wahlkommission, Netalja Bernazka. Hunderte Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) waren im Einsatz.