Premierministerin Theresa May hatte angekündigt, ihren Deal bis spätestens Mittwoch erneut den Abgeordneten vorzulegen. Britische Medien tippten auf Dienstag als wahrscheinlichsten Termin für die Abstimmung.
In Gesprächen mit der nordirischen Partei DUP hatte die Regierung am Wochenende versucht, den Widerstand gegen das Abkommen im Parlament zu überwinden. Die Unterstützung der DUP gilt als Schlüssel zu einem Erfolg für das Abkommen. Berichten zufolge stellten mehrere abtrünnige Tory-Abgeordnete der Premierministerin am Sonntag in Telefonaten in Aussicht, für das Brexit-Abkommen zu stimmen - wenn May im Gegenzug ihren baldigen Rücktritt ankündigt.
Doch mehrere Kabinettsmitglieder haben Zweifel daran gesät, ob es überhaupt in dieser Woche zu einer Abstimmung kommen wird. "Es hat keinen Sinn, eine Abstimmung abzuhalten, wenn wir keine Chance haben, sie zu gewinnen", sagte Handelsminister Liam Fox am Sonntag in einem Interview des TV-Senders Sky News. Ähnlich äußerte sich Schatzkanzler Philip Hammond in der BBC.
Strich durch Rechnung
Zudem gab es Spekulationen, Parlamentspräsident John Bercow könnte der Regierung einen Strich durch die Rechnung machen und die Abstimmung ablehnen. Hintergrund ist eine Regel aus dem frühen 19. Jahrhundert, wonach dieselbe Beschlussvorlage nicht beliebig oft zur Abstimmung gestellt werden kann.
Bereits zweimal, Mitte Jänner und Mitte März, ist May mit dem Deal im Parlament krachend gescheitert. Eine dritte Runde ist nicht ohne Risiko für die Regierungschefin. Im Falle einer erneuten Niederlage erwägt der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, einen neuen Misstrauensantrag gegen May, wie er in einem Sky-News-Interview am Sonntag sagte.
Sollte sie hingegen erfolgreich sein, will May die EU beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag um eine kurze Verlängerung der am 29. März auslaufenden Austrittsfrist bis Ende Juni bitten. Nach einer Zustimmung der britischen Abgeordneten zum EU-Austrittsvertrag ist auch noch die Verabschiedung eines Brexit-Gesetzes notwendig, um den Deal wirksam zu machen. Doch auch eine kurze Verlängerung sei kein ideales Resultat, so May. Sie meint: "Wir hätten am 29. März austreten können und sollen."
Die DUP verweigert dem von May mit Brüssel ausgehandelten Vertragspaket bisher die Unterstützung. DUP-Fraktionschef Nigel Dodds widersprach jedoch Berichten, wonach nun mit Geld für die wirtschaftlich abgehängte Region nachgeholfen werden könnte. Bei den Gesprächen mit der Regierung gehe es darum, dass Nordirland nicht von Großbritannien getrennt werde, so Dodds.
Sollte die DUP ihre Haltung ändern, könnten viele Gegner aus Mays Konservativer Partei einknicken, da sind sich Beobachter sicher. Trotzdem müsste die Regierungschefin wohl zusätzlich zwischen 20 und 30 Abgeordnete der oppositionellen Labour-Partei auf ihre Seite ziehen. Als unmöglich gilt das nicht, doch es dürfte allenfalls sehr knapp für eine Mehrheit reichen.