"The Guardian", London

"Sollte es nur darum gehen, Zeit zu schinden und die ausweglose Lage zu verlängern, wäre unklar, ob die EU einer solchen Bitte zustimmen würde. Die Premierministerin sagt, sie wolle Lehren aus der ersten Phase des Brexits ziehen und Einigkeit für die nächste Phase herstellen. Theresa May kann das nur tun, wenn sie aufrichtig mit dem Volk darüber berät, welche Art der künftigen Beziehung zur EU es unterstützen würde. Bisher hat sie das auffällig vermieden und sich statt dessen einer scharfen nationalistischen Sprache bedient, um ihr eigenes politisches Überleben zu sichern. (...) Ein Aufschub müsste lange genug währen, um Großbritannien die Möglichkeit zu geben, sich zu überlegen, was der Brexit für dieses Land bedeutet, anstatt am Rande eines Nervenzusammenbruchs von einer Konservativen Partei aus der Tür gedrängt zu werden. Eine Pause ist erforderlich, denn das Umschwenken auf ein neue Vereinbarung ist leichter gesagt als getan."

"Tages-Anzeiger", Zürich

"Großbritanniens europäische Partner sind nicht schuld am Brexit-Chaos. Theresa May hat sich das selber eingebrockt. Die britische Premierministerin hat ihre roten Linien aus Rücksicht auf die Hardliner in den eigenen Reihen so eng gezogen, dass von Anfang an nicht viel Spielraum für Konzessionen war. Der Brexit ist ohnehin ein Desaster mit Ankündigung. Ein Projekt englischer Nationalisten, befeuert durch Lügen und Gelder aus undurchsichtigen Quellen. Die Brexiteers gaukelten vor, das Land in eine vermeintlich glorreiche Vergangenheit zurückzuführen. Die Briten sind nicht alleine mit diesem Traum. Aber nirgendwo hat dieser Traum das Klima so vergiftet, die Bevölkerung derart gespalten und eine politische Klasse desavouiert."

"De Standaard", Brüssel

"Eine offensichtliche Schlussfolgerung, nämlich die Entlassung ihrer Regierung, hat Premierministerin Theresa May nicht gezogen. Sie wolle sich ihrer Verantwortung nicht entziehen, sagte sie. Aber ein Regierungschef, der zweimal bei Abstimmungen über das zentrale politische Thema einer Generation unterliegt, verliert unwiderruflich den Zugriff auf die Ereignisse. Was diese therapeutische Sturheit bewirken sollte, macht sie nicht deutlich. (...) Für Schadenfreude gibt absolut keinen Platz. Die anhaltende Unsicherheit ruiniert nicht nur die britische Wirtschaft und Gesellschaft, sondern belastet zunehmend das nachlassende Wachstum im übrigen Europa."

"Diena", Riga

"Für die britische Politik verspricht diese Woche eine der dramatischsten der vergangenen Jahrzehnte zu werden - eine Anzahl wichtiger Abstimmungen im Parlament wird entscheidend für die Zukunft des Landes sein."

"Washington Post", Washington

"Für die belagerte Premierministerin und andere Verantwortliche besteht die zentrale Herausforderung bei einer Wahl oder weiteren Parlamentsdebatten darin, die Demagogie der rechten Konservativen und Herrn Corbyns Linken zu überwinden, die entgegen aller Beweise weiter behaupten, dass Großbritannien sich sauber vom Kontinent trennen und dabei zugleich seine wirtschaftliche Stärke und den fragilen Frieden in Nordirland erhalten kann, der von einer offenen Grenze mit der Republik Irland abhängt. Die Weigerung konservativer Ideologen und linker Opportunisten, diese unhaltbaren Positionen aufzugeben, erklärt einen Großteil dessen, was in den vergangenen paar Jahren in der britischen Politik schiefgelaufen ist."

"New York Times", New York

"Aber wenn der Deal nicht durchs Parlament kommen kann, und wenn keine Seite bereit ist, ohne Abkommen von der Klippe zu springen, dann ist die einzige verbleibende Option, die Deadline nach hinten zu verschieben und es weiter zu versuchen, auch wenn das mehr unruhiges Warten bedeutet."

"Wall Street Journal", New York

"Ein Abkommen - entweder das von Frau May oder auch das eines anderen - wäre die beste Brexit-Lösung gewesen. Aber wenn kein Politiker Unterstützung durch das Parlament oder die Bevölkerung zusammenbekommen kann, wäre es zu diesem späten Zeitpunkt nun der beste Weg, den Wählern die Freiheit von Europa zu geben, für die sie abgestimmt haben."

"Corriere della Sera", Rom

"Es ist keine Panik, es ist keine Wut, es ist noch nicht mal Frust: Das, was man in London spürt, ist Müdigkeit. (....) Die britische Regierung weiß nicht, was sie tun soll. Und die Nation findet keinen Ausweg aus einer Situation, die viele Kommentatoren - weil ihnen nichts anderes einfällt - als Posse bezeichnen. Aber die Posse bewegt einen zum Lachen. Und Lachen ist die letzte Sache, die sie jetzt im Vereinigten Königreich machen wollen. (...) Die Abstimmung im Parlament, die zweite Niederlage von Theresa May in weniger als zwei Monaten, ist verheerend. Mehr als ein politisches und juristisches ist es ein psychologisches Drama. Vielen - der Mehrheit - fällt auf, dass sie (beim Referendum) 2016 betrogen wurden."