EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker teilte am Montagabend in Straßburg mit, die Vereinbarung mit London biete Klarstellungen und "rechtliche Garantien" zum umstrittenen Backstop. Die britische Premierministerin Theresa May sagte, die Einigung erfülle die Vorgaben des Unterhauses.
Laut einem Schreiben des EU-Kommissionschefs hat die irische Regierung den Brexit-Garantien bereits zugestimmt. In einer gemeinsamen Erklärung von May und Juncker hieß es, dass sich beide Seiten dazu verpflichten, bis Ende 2020 eine Alternativlösung zum umstrittenen irischen Backstop zu finden. Mit diesem Datum endet die Übergangsperiode nach dem Brexit, in der Großbritannien weiterhin komplett an das EU-Recht gebunden ist. May sagte, dass Großbritannien einseitig seinen Ausstieg aus dem Backstop erklären werde, wenn die Gespräche mit der EU über eine Nachfolgelösung scheitern sollten.
Abstimmung am Dienstag
Juncker beschwor das britische Parlament, dem Austrittsvertrag nun zuzustimmen. Das Unterhaus soll bereits am Dienstag darüber abstimmen. "Es wird keine dritte Chance geben", sagte Juncker. Er zeigte sich sicher, dass das Austrittsabkommen noch rechtzeitig vor dem Brexit-Datum 29. März ratifiziert werden könne. May hatte auf Änderungen am Backstop gedrängt, nachdem das Londoner Parlament den Brexit-Deal im Jänner mit großer Mehrheit abgelehnt hatte.
Labour sagt Nein
Die oppositionelle Labour Party bekräftigte umgehend ihr Nein. Labour-Chef Jeremy Corbyn forderte, dass das Unterhaus die von May ausgehandelten Veränderungen zurückweisen müsse. Mays Verhandlungen seien gescheitert, sie habe die versprochenen Veränderungen nicht durchsetzen können.
May muss somit bei der Abstimmung auf die Brexit-Hardliner in den eigenen Reihen und die nordirischen Unionisten setzen, die ihre Minderheitsregierung stützen. Die unionistische Democratic Unionist Party (DUP) kündigte an, den Kompromiss "sehr sorgfältig" prüfen zu wollen. "Wir werden uns die Details anschauen", sagte DUP-Vizechef Nigel Dodds.
Der einflussreiche konservative Abgeordnete Steve Baker reagierte skeptisch. Es sei "nicht das erste Mal, dass die Regierung etwas herausgeputzt hat, was letztlich nicht die Erwartungen erfüllt", sagte der am Montagabend der BBC.
Knackpunkt Backstop
Der Backstop ist im Brexit-Streit der Knackpunkt. Das ist die von Brüssel geforderte Garantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland. Bisher ist vorgesehen, dass Großbritannien so lange als Ganzes in einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis eine andere Lösung gefunden ist. Doch das lehnen die Brexit-Hardliner in Mays Konservativer Partei ab.
Die EU hatte zuletzt rechtlich bindende Zusicherungen in Aussicht gestellt, dass der Backstop wenn überhaupt nur kurz genutzt werden soll. Außerdem schlug EU-Chefverhandler Michel Barnier vor, Großbritannien könne die Zollunion einseitig verlassen, solange Sonderregeln für Nordirland gültig blieben. Dieser Vorschlag wurde aber von London umgehend zurückgewiesen.
Brexit ohne Deal
Im Fall einer Ablehnung des Vertrags am Dienstag will May die Parlamentarier am Mittwoch über ein Ausscheiden ohne Deal abstimmen lassen. Wird auch das abgelehnt, sollen die Abgeordneten am Donnerstag entscheiden, ob London eine Verschiebung des Brexits beantragen soll. Juncker sagte dazu am Montag, dass Großbritannien die EU spätestens bis 23. Mai verlassen sollte, weil es sonst an der Europawahl teilnehmen müsste.