Neulich war Bashar al-Assad wieder einmal auf Reisen. Bilder zeigen Syriens Machthaber bei einem Besuch in der iranischen Hauptstadt Teheran. Assad lacht, als er Irans obersten Führer Ajatollah Ali Khamenei freundschaftlich umarmt. Ein inniger Händedruck. So als freuten sich die beiden Männer über das Wiedersehen mit einem alten Freund nach langer Zeit.
Und tatsächlich war es eines der wenigen Treffen Assads mit einem der Mächtigen dieser Welt. Seit Beginn der Syrienkrise am 15. März 2011 und dem brutalen Vorgehen syrischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten zählt der 53-Jährige zum Club der Ausgegrenzten. Deutschland und andere westliche Staaten erklärten ihn damals zur unerwünschten Person und brachen die Kontakte ab. Auch die Arabische Liga setzte Syriens Mitgliedschaft aus.
Allein Kremlchef Waldimir Putin empfing seinen Verbündeten noch in Russland - Reisen, die erst bekannt wurden, als Assad wieder in der Heimat war. Dort besuchte ihn im Dezember Sudans Präsident Omar al-Bashir - gegen den der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehl erlassen hat. Zwei Parias dieser Welt unter sich.
Fassbomben und Chemiewaffen
Nicht nur die Schüsse gegen Demonstranten haften Assad an. Seine Luftwaffe bombardierte Rebellengebiete immer wieder mit international geächteten Fassbomben, Behälter, die mit Metallteilen gefüllt sind und unzählige Zivilisten töteten. Dann sind da die vielen Einsätze von Chemiewaffen, die Assad zur Last gelegt werden. So machten ihn Experten der UN und der Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) für den verheerenden Angriff mit Giftgas auf die Stadt Khan Sheikhoun 2017 verantwortlich. Mehr als 80 Menschen starben.
Doch nach acht Jahren Bürgerkrieg hat sich die Lage eindeutig zugunsten der Regierungskräfte gedreht, die nun wieder rund zwei Drittel des Landes kontrollieren. Assads Gegner müssen einsehen, dass die von ihnen lange unterstützten Rebellen diesen Konflikt verloren haben. In der Realpolitik zogen mehrere Länder daraus den Schluss, wieder Kontakte mit Damaskus zu knüpfen. So erklärten die Golfstaaten Bahrain und Vereinigte Arabische Emirate (VAE) Ende Dezember, sie würden ihre Botschaften in der syrischen Hauptstadt wieder eröffnen.
Auch in der Arabischen Liga ist vor Wochen die Diskussion um eine Rückkehr Syriens entbrannt. Kuwaits Außenminister Sabah al-Khalid al-Sabah erklärte vor einigen Tagen, sein Land wäre darüber "sehr glücklich". Beim Gipfeltreffen der Arabischen Liga Ende des Monats in Tunis dürfte das Thema auf der Tagesordnung stehen.
Saudi-Arabien gegen Iran
Saudi-Arabien und die anderen sunnitisch-arabischen Staaten der Region verfolgen in Syrien vor allem das Ziel, den Einfluss des schiitischen Irans und auch der Türkei in dem Krisenland zurückzudrängen. Sie haben erkannt, dass sie nur dann wieder eine Rolle in dem Land spielen können, wenn sie die Kontakte zu Assad neu knüpfen. Bisher sei der Einfluss dort "null", sagte der emiratische Staatsminister für Auswärtige Angelegenheiten, Anwar Gargash.
Doch noch zaudern einige Länder, darunter Saudi-Arabien und Ägypten. Das dürfte mit der Haltung der USA zu tun haben, die eine Annäherung an Assad ablehnen. Zweimal ließ US-Präsident Donald Trump das Land nach dem Einsatz von Chemiewaffen bombardieren. Eine Rückkehr des Landes in die Arabische Liga käme zu früh, erklärte der saudische Staatsminister für Auswärtige Angelegenheiten, Adel al-Jhubair vor einigen Tagen. Die Wiedereröffnung einer Botschaft in Damaskus hänge vom "Fortschritt beim politischen Prozess" ab.
Doch ein solcher lässt auf sich warten, nicht zuletzt weil sich Assad sträubt. Der schon vor mehr als einem Jahr vereinbarte Ausschuss, der unter UN-Schirmherrschaft eine neue Verfassung ausarbeiten soll, hat noch immer nicht mit der Arbeit genommen. Holten die arabischen Staaten Syrien zurück in ihre Reihen, verlören sie ein wichtiges Druckmittel. Denn Assad ist für den milliardenteuren Wiederaufbau des zerstörten Landes auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen.
Bedingungen für Wiederaufabau
Dass ist auch der Hebel, den Berlin ansetzen möchte. Dort hat sich die ablehnende Haltung gegen Assad bisher nicht gewandelt. Allerdings ist auch Realismus eingekehrt. Außenminister Heiko Maas (SPD) bekräftigte, dass es die Unterstützung für einen Wiederaufbau unter bestimmten Bedingungen geben werde. "Wenn es eine politische Lösung in Syrien gibt, die am Ende zu freien Wahlen führt, sind wir bereit, Verantwortung beim Wiederaufbau zu übernehmen", sagte der SPD-Politiker in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Eine Absetzung Assads nannte er nicht als Voraussetzung für Hilfe.
Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte, Europa habe ein Pfund in der Hand, "denn der Wiederaufbau von Syrien wird Jahre dauern und Milliarden kosten". Weder Russland, geschweige denn Damaskus werde das allein bewältigen können. Sie fordert einen politischen Prozess unter dem Dach der UN, der so ablaufen müsse, "dass diejenigen, die vor Assads Diktatur geflohen sind, in ihr Land zurückkehren können und dort nicht mehr gefährdet sind".
Rückkehr nur ohne Assad
Die Assad-Gegner warnen den Westen allerdings: Eine Rückkehr der Millionen Flüchtlinge sei nur realistisch, wenn Assad abgesetzt werde, sagt der Chefunterhändler der syrischen Opposition, Nasr al-Hariri. Schließlich seien viele auch vor der Diktatur geflohen.
Bei der am Dienstag beginnenden Syrien-Geberkonferenz in Brüssel dürfte das Thema zumindest am Rande diskutiert werden. Auch die EU hat festgelegt, dass sie erst dann beim Wiederaufbau des Landes helfen wird, wenn ein "umfassender, echter und alle Seiten einbeziehender politischer Übergang stabil" im Gange ist. Deutschland und die anderen europäischen Staaten müssen sich nun die schwierige Frage stellen, wie sie mit diesen Entwicklungen umgehen wollen.
Undenkbar schien es für die EU-Staaten, sich jemals wieder mit Assad oder mit Vertretern seiner Regierung an einen Tisch zu setzen. Wenn Syrien nun zurück in die Arabische Liga dürfte, könnte es spätestens 2022 zu einer heiklen Situation kommen. Dann soll in Brüssel das nächste Gipfeltreffen der EU und der arabischen Staaten stattfinden.