Eine knappe Woche nach dem jüngsten EU-Reformvorstoß von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer ihre eigenen Vorstellungen als Antwort vorgelegt. In einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag" umschreibt Kramp-Karrenbauer unter dem Titel "Europa richtig machen" ihr Konzept für die künftige Zusammenarbeit in der Europäischen Union.
Dabei widerspricht sie Macrons Forderungen nach einer Europäisierung der Sozialsysteme und des Mindestlohns - dies wäre "der falsche Weg". Hauptziel müsse sein: "Unser Europa muss stärker werden." Dabei gehe es zuerst um die Sicherung der Grundlagen des europäischen Wohlstandes.
Unter anderem schlägt Kramp-Karrenbauer die Schaffung eines "gemeinsamen Binnenmarkts für Banken" vor. "Gleichzeitig müssen wir konsequent auf ein System von Subsidiarität, Eigenverantwortung und damit verbundener Haftung setzen", schreibt die CDU-Vorsitzende und warnt: "Europäischer Zentralismus, europäischer Etatismus, die Vergemeinschaftung von Schulden, eine Europäisierung der Sozialsysteme und des Mindestlohns wären der falsche Weg."
Europa brauche eine "Strategie zur Förderung von Konvergenz, die nationale und europäische Ansätze intelligent verknüpft", fordert Kramp-Karrenbauer laut Vorabmeldung in der "WamS". Gemeinsame Forschungen, Entwicklungen und Technologien sollten aus einem EU-Innovationsbudget finanziert werden und das Label "Future made in Europe" tragen.
Ständigen EU-Sitz im UNO-Sicherheitsrat
Auf dem Feld der Außen- und Sicherheitspolitik fordert Kramp-Karrenbauer einen "gemeinsamen ständigen Sitz" der EU im UNO-Sicherheitsrat - Frankreich ist bisher aber nicht bereit, seinen ständigen Sitz in dem Gremium aufzugeben. "Gleichzeitig sollten wir in einem Europäischen Sicherheitsrat unter Einbeziehung Großbritanniens über gemeinsame außenpolitische Positionen entscheiden und das gemeinsame Handeln in der Sicherheitspolitik organisieren", schlägt die CDU-Chefin vor. In Deutschland wiederum solle ein eigener Nationaler Sicherheitsrat zur Entwicklung strategischer Leitlinien geschaffen werden.
Auch in Umweltfragen setzt die deutsche Politikerin auf Europa. So schwebt ihr ein Europäischer Pakt für Klimaschutz vor, der unter Einbindung europäischer und nationaler Akteure gemeinsam zwischen Wirtschaft, Beschäftigten und Gesellschaft ausgehandelt werden solle. Zudem fordert sie, Steuerschlupflöcher zu schließen und eine an dem Modell der OECD orientierte digitale Besteuerung einzuführen.
Einigkeit mit Macron demonstriert Kramp-Karrenbauer in der Flüchtlingspolitik. "Unser Gefühl der Gemeinschaft und der Sicherheit in Europa braucht sichere Außengrenzen", schreibt sie und fordert: "Wir müssen Schengen vollenden." Dazu gehört für sie eine Vereinbarung über einen "lückenlosen Grenzschutz". Dort, wo die Außengrenze nicht mit nationalen Mitteln allein geschützt werden könne, müsse die EU-Grenzschutzbehörde Frontex "zügig als operative Grenzpolizei" aufgebaut und eingesetzt werden. Jeder Mitgliedstaat müsse seinen Beitrag für Ursachenbekämpfung, Grenzschutz und Aufnahme leisten. "Aber je stärker er dies in einem Bereich tut, umso weniger groß muss sein Beitrag auf den anderen Feldern sein."
Mit Blick auf die Handlungsfähigkeit der EU plädiert Kramp-Karrenbauer dafür, dass Europa auf zwei gleichberechtigten Säulen stehen solle: der intergouvernementalen und der Gemeinschaftsmethode. Das Europaparlament solle künftig nur noch am Brüsseler Standort sitzen. Außerdem müsse das Einkommen der EU-Beamten besteuert werden.
Macron hatte Anfang der Woche für einen "Neubeginn in Europa" geworben. Er sprach sich unter anderem für die Gründung einer "europäischen Agentur zum Schutz der Demokratie" aus und forderte "eine gemeinsame Grenzpolizei und eine europäische Asylbehörde" in Verbindung mit einer Reform des Schengenraums und dem Aufbau eines europäischen Rats für innere Sicherheit.