Nach der klaren Positionierung der deutschen Regierung im Machtkampf in Venezuela ist der deutsche Botschafter in dem südamerikanischen Land nicht länger erwünscht. Die Regierung in Caracas erklärte Daniel Kriener ab Mittwoch zur "Persona non grata" und gab ihm 48 Stunden Zeit, das Land zu verlassen.
Staatschef Nicolas Maduro wirft dem Diplomaten vor, sich in die inneren Angelegenheiten des südamerikanischen Landes eingemischt zu haben. Kriener hatte am Montag gemeinsam mit anderen Diplomaten aus Europa, Lateinamerika und den USA den selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaido am Hauptstadtflughafen Maiquetia erwartet. Dem Oppositionsführer drohte die Festnahme, weil er trotz eines laufenden Ermittlungsverfahrens und einer Ausreisesperre das Land verlassen hatte.
Verhaftung verhindert
Kriener sei auf seinen persönlichen Wunsch zum Flughafen gefahren, um mit seiner Anwesenheit eine Verhaftung von Guaido zu verhindern, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) im Interview des Saarländischen Rundfunks. Obwohl auch andere Diplomaten an der Aktion beteiligt waren, sei nach derzeitigem Stand nur der deutsche Botschafter von der Ausweisung betroffen.
Die Regierung in Caracas warf Kriener politische Parteinahme vor. "Venezuela ist frei und unabhängig. Deshalb sind Handlungen von diplomatischen Vertretern, die eine Einmischung in die Angelegenheiten des Volkes und der Regierung darstellen, nicht erlaubt", teilte das Außenministerium mit.
Rückhalt von Guaido
Guaido stellte sich hinter den 58-Jährigen. "Der deutsche Botschafter in Venezuela kann auf unsere volle Unterstützung und Anerkennung zählen", schrieb er auf Twitter. "Wir sind Zeugen geworden, dass er sich unserer Demokratie verpflichtet fühlt, unsere Verfassung respektiert und solidarisch mit dem venezolanischen Volk ist."
Auch das von der Opposition kontrollierte, aber entmachtete Parlament in Caracas wies die Ausweisung des Botschafters zurück. Der Abgeordnete Omar Barboza sagte während einer Parlamentsdebatte am Mittwoch, die Ausweisung des Diplomaten sei ein weiterer Beweis für das totalitäre Verhalten der Regierung.
Die USA äußerten sich zunächst nicht explizit zu der Ausweisung des deutschen Botschafters. Maduro hatte bereits sofort nach der Anerkennung von Guaido durch die USA die diplomatischen Beziehungen zu Washington abgebrochen. Allerdings twitterte US-Sicherheitsberater John Bolton am Mittwochabend (Ortszeit) ohne weitere Erklärung: "Präsident Trump hat Nicolas Maduro und allen um ihn herum klar gemacht: Alle Optionen liegen auf dem Tisch."
Erbitterter Machtkampf
In dem südamerikanischen Land tobt seit Wochen ein erbitterter Machtkampf zwischen Maduro und Guaido. Der junge Abgeordnete hatte sich am 23. Jänner zum Interimspräsidenten erklärt und den Staatschef damit offen herausgefordert. Zahlreiche Staaten, darunter auch Österreich und Deutschland, haben Guaido bereits als rechtmäßigen Übergangspräsidenten anerkannt.
Mit der Anerkennung rückte die deutsche Regierung von ihrer bisherigen Praxis ab, nur Staaten, nicht aber Regierungen förmlich anzuerkennen. Nach einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gab es zudem "starke Gründe für die Annahme", dass die Anerkennung Guaidos eine Einmischung in innere Angelegenheiten sei.