Zu Beginn des ersten und damit historischen Gipfels zwischen der Europäischen Union und der Arabischen Liga hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) von den nordafrikanischen Länder die verstärkte Rücknahme von in Europa abgelehnten Asylwerber gefordert. Österreich sei bereit, hier mehr Druck auszuüben, sagte Kurz vor Beginn der Beratungen, an denen rund 50 Länder teilnehmen.
Neben der Bereitschaft der Länder, diese Menschen zurückzunehmen, müsse auch die EU selbst ihre "Hausaufgaben" erledigen. Denn: "Wenn von der EU kein Druck kommt, darf man sich nicht wundern, wenn sich diese Staaten sehr Zeit lassen", betonte Kurz vor Journalisten. Man dürfe sich aber "zurecht erwarten", dass die nordafrikanischen Länder ihre Staatsbürger, die keinen Anspruch auf Asyl in Europa haben, zurücknehmen, weil sie "viel Unterstützung von der EU bekommen". Er hoffe hier auf einen "Umdenkprozess".
Unbeliebte Begriffe
Die beim EU-Gipfel im Juni vergangenen Jahres beschlossenen "Ausschiffungs- und Anlandeplattformen" für Geflüchtete im Mittelmeer werden beim Zusammentreffen der EU-Staats- und Regierungschefs und jenen der Liga der Arabischen Staaten (LAS) im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh hingegen kein Thema sein. Diese Begriffe würden in Nordafrika "sehr schlecht ankommen", so Kurz. "Ausschiffungsplattform" klinge auch "ein Stück weit nach deutscher Bürokratie". Ihm gehe es vielmehr um einen Systemwechsel.
Angesprochen auf die katastrophalen Zustände, etwa in den libyschen Internierungslager, in die von der libyschen Küstenwache gerettete Flüchtlinge automatisch gebracht werden, meinte der Kanzler, dass es "verkürzt" sei, nur der Regierung in Tripolis die Schuld zu geben. Auch die europäische "Politik der offenen Grenzen" habe dazu geführt, dass sich Leute überhaupt erst auf den Weg machten. Vor allem Libyen brauche mehr Unterstützung seitens der EU.
Ägypten als Vorzeigeland
Ägypten ist nach Kurz' Ansicht "das Vorzeigeland, was illegale Migration betrifft". Eine ähnlich gute Zusammenarbeit mit den anderen nordafrikanischen Staaten sei notwendig. Grundsätzlich müsse sich die EU um einen "noch engeren Dialog mit unseren Nachbarn", vor allem im Süden der Union, bemühen.
Auf die Frage, ob Österreich plant, wieder in das Resettlement-Programm des UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) einzusteigen, antwortete Kurz, dass man nun "eher in eine Phase" komme, in der es um die Rückführung in die Herkunftsländer gehe. Mithilfe des UNO-Programms werden anerkannte Flüchtlinge aus Krisengebieten in die EU "umgesiedelt" und die betroffenen Länder damit entlastet. Österreich stieg allerdings Ende 2017 aus dem Programm aus.
An dem EU-LAS-Gipfel nehmen neben den Gastgebern, dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi und EU-Ratspräsident Donald Tusk, auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn teil. Aus fast allen EU-Mitgliedsländern werden Staats- und Regierungschefs erwartet, aus den Staaten der Arabischen Liga reisten unter anderem der saudische König Salman bin Abdulaziz Al Saud, der irakische Präsident Barham Salih, der libanesische Regierungschef Saad al-Hariri sowie der tunesische Präsident Beji Caid el Sebsi nach Ägypten.
Kampf gegen Terrorismus
Neben der Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit geht es um den "Kampf gegen illegale Migration" und die Bekämpfung des Terrorismus. Ägypten als Gründerstaat der LAS und Hauptsitz der Organisation richtet das Treffen mit den EU-Staaten am Sonntag und Montag aus.
Bei bilateralen Gesprächen mit Hariri und Salih werde er die Situation in der Region ansprechen sowie die Frage, wie die Rückkehr von Flüchtlingen im Libanon noch besser unterstützt werden könne, so Kurz.