Die neu gegründete "Unabhängige Gruppe" im britischen Parlament hat Zuwachs auch von den regierenden Konservativen bekommen. Die EU-freundlichen Politikerinnen Heidi Allen, Sarah Wollaston und Anna Soubry sind am Mittwoch aus der Tory-Partei ausgetreten und haben sich der neuen Gruppe angeschlossen. In ihr sind bereits acht Abgeordnete, die Labour aus Protest verlassen hatten.
Sie wollen fünf Wochen vor dem geplanten EU-Ausstieg den Brexit-Streit im Unterhaus beenden. Premierministerin Theresa May sagte, sie sei betrübt über die Entwicklung. Sie betonte aber mit Blick auf den EU-Ausstieg: "Wir machen das Richtige für unser Land."
Beitrag für Land leisten
Die drei abtrünnigen Politikerinnen hielten dagegen: "Das Land hat etwas Besseres verdient." Sowohl bei den Konservativen als auch in der Labour-Partei seien große Fehler gemacht worden. Die Politik brauche eine schnelle, radikale Reform. "Und wir sind dazu entschlossen, unseren Beitrag zu leisten."
Das Londoner Parlament ist über den Brexit-Kurs total zerstritten. Die Minderheitsregierung von May, die von der nordirischen Partei DUP gestützt wird, ist auf jede Stimme angewiesen. Soubry wurde kürzlich von Brexit-Anhängern vor dem Parlament als "Nazi" beschimpft.
Gruppe aus Protest gegründet
Die neue Gruppe war von sieben Labour-Abgeordneten am vergangenen Montag aus Protest gegen den Brexit-Kurs ihres Parteichefs Jeremy Corbyn gegründet worden. Der 69-Jährige, der lange keine klare Position zum EU-Austritt bezogen hat, setzt auf Neuwahlen.
Die Mitglieder kritisieren auch den Umgang des Altlinken mit antisemitischen Tendenzen in seiner Partei. Eine achte Labour-Abgeordnete, Joan Ryan, verließ am Mittwoch Labour. Sie sei "erschrocken, entsetzt und wütend" darüber, dass Corbyn Beleidigungen von Juden ungestraft durchgehen lasse, sagte Ryan der BBC. Er sei nicht geeignet, künftig das Land zu führen.
Im vergangenen Sommer räumte Corbyn ein, dass Disziplinarverfahren gegen antisemitische Parteimitglieder zu langsam und zaghaft betrieben worden seien. Kritiker werfen ihm außerdem eine einseitige Unterstützung der Palästinenser im Nahostkonflikt vor.
Bruch in der Partei hatte sich abgezeichnet
Schon länger wird befürchtet, dass Labour auseinanderbrechen könnte. Die Meinungen über Corbyn gehen in der Partei stark auseinander. Viele Anhänger hat er unter jungen Leuten.
Unklar ist, ob die neue Gruppe sich zu einer Partei formieren wird. Das britische Wahlsystem, das nur das Direktmandat kennt, bevorzugt die beiden großen Parteien. Kleinere haben es extrem schwer, Sitze im Unterhaus zu erringen. Doch beide großen Parteien tun sich zunehmend schwer damit, eine klare Regierungsmehrheit zu gewinnen.