In Venezuela hat sich erstmals ein ranghoher Militär von Präsident Nicolas Maduro losgesagt und sich hinter den selbst ernannten Interimspräsident Juan Guaido gestellt. In einem am Samstag auf Twitter verbreiteten Video rief Luftwaffen-General Francisco Yanez das Militär dazu auf, Maduro die Gefolgschaft zu versagen.
Yanez prangerte die "diktatorische" Präsidentschaft von Maduro an und gab bekannt, dass er Guaido als Übergangspräsident des Landes anerkenne.
Das Oberkommando der Luftwaffe bezichtigte Yanez darauf via Twitter des Hochverrats. Der von den USA und einigen lateinamerikanischen Staaten als Übergangspräsident anerkannte Guaido hat für Samstag zu Massenprotesten gegen Maduro aufgerufen, der bisher noch die Unterstützung des Militärs hat.
Massenkundgebungen im ganzen Land
Mit neuen Massenkundgebungen will die Opposition in Venezuela am Samstag Staatschef Nicolás Maduro zur Machtübergabe drängen. "Mit der Unterstützung der internationalen Gemeinschaften gehen wir gemeinsam auf die Straße", schrieb der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó wenige Stunden vor Beginn der Demonstrationen auf Twitter.
Auch im Ausland sind Kundgebungen für den 35-Jährigen geplant. Anhänger von Präsident Maduro wollen am Samstag in Venezuela ebenfalls auf die Straße gehen. US-Vizepräsident Mike Pence stärkte Guaidó unterdessen demonstrativ den Rücken und rief zu einem Machtwechsel auf.
"Das ist keine Zeit des Dialogs, das ist die Zeit der Taten. Und die Zeit ist gekommen, Maduros Diktatur ein für alle Mal zu beenden", sagte Pence am Freitag in einer Rede vor Exilvenezolanern in Florida. "Die USA versuchen, mit diplomatischem und wirtschaftlichem Druck zu einem friedlichen Übergang zur Demokratie beizutragen. Aber: Alle Optionen sind auf dem Tisch", warnte Pence. Maduro täte gut daran, die Entschlossenheit der USA nicht auf die Probe zu stellen, fügte er hinzu.
Guaidó ist der Präsident des von der Opposition kontrollierten, aber von Maduro entmachteten Parlaments. Er hatte sich am 23. Jänner zum Übergangsstaatschef erklärt und den Präsidenten damit offen herausgefordert. Guaidó argumentiert, Maduros Wiederwahl im vergangenen Jahr habe demokratischen Standards nicht genügt. Dieser Meinung sind auch europäische Regierungen.
International erhält Guaidó bereits viel Unterstützung. Die USA und eine Reihe lateinamerikanischer Länder erkannten ihn an. Guaidó versuchte zuletzt auch, die internationale Front der Maduro-Unterstützer aufzubrechen und Russland und China für sich zu gewinnen. Ihre Investitionen in dem südamerikanischen Krisenstaat seien unter seiner Regierung besser geschützt als unter der Maduros, sagte er.
Bei den jüngsten Massenprotesten in Venezuela sind im Jänner nach Medienberichten mindestens 35 Menschen ums Leben gekommen und rund 850 festgenommen worden. Die Demonstrationen am Samstag sollten an verschiedenen Punkten in Caracas beginnen und zu einer gemeinsamen Kundgebung zusammenfinden. Auch in den USA, Spanien, Peru, Mexiko und Argentinien, wo viele Venezolaner wohnen, wurden Demonstrationen erwartet. In Spanien waren in mehr als einem Dutzend Städten Demonstrationen der venezolanischen Diaspora geplant. In Spanien leben etwa 400.000 Venezolaner.
Auch Maduros Anhänger demonstrieren
Anhänger Maduros wollten am Samstag an den 20. Jahrestag des Amtsantritts von Maduros Mentor Hugo Chávez erinnern. Der Oberstleutnant Chávez, Anführer eines gescheiterten Putschversuches 1992, hatte Ende 1998 die Präsidentenwahl gewonnen. Als Staatschef machte er sich mit kubanischer Unterstützung daran, das erdölreiche Land im Sinne eines "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" umzubauen. Chávez starb 2013 an Krebs, Maduro wurde in umstrittenen Wahlen zu seinem Nachfolger gewählt.
Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) deutete am Freitag bei einem Treffen der EU-Außenminister in Bukarest an, dass Österreich bei einer Anerkennung Guaidós als Interimspräsident nicht vorpreschen werde. "Österreich und viele andere Länder anerkennen Staaten, nicht Regierungen", sagte Kneissl auf Fragen, wie Österreich reagieren werde, wenn Maduro bis zu diesem Sonntag keine freien und fairen Neuwahlen ausruft und am Montag einige EU-Staaten Guaidó anerkennen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe aber seine Unterstützung für Parlamentschef Guaidó ausgedrückt, sagte Kneissl.