Der neunte Parteichef in der Geschichte der CSU heißt Markus Söder. Auf einem Sonderparteitag am Samstag in München wählten die Delegierten den 52-Jährigen mit 87,4 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Horst Seehofer - einen Gegenkandidaten gab es nicht. Söder erhielt 674 von 771 abgegebenen gültigen Stimmen.

Söder erzielte damit zwar ein besseres Ergebnis als Seehofer bei seiner jüngsten Wiederwahl 2017, schnitt allerdings schwächer ab als Seehofer bei seiner ersten Wahl im Oktober 2008. Seehofer hatte damals 90,3 Prozent der Delegiertenstimmen auf sich vereint. 2017 waren es 83,7 Prozent. Seehofer schlug seinen langjährigen Rivalen Söder selbst als Nachfolger vor. Der 51-Jährige Söder, der den 69-jährigen Seehofer bereits als bayerischen Ministerpräsidenten abgelöst hatte, war der einzige Kandidat. Seehofer trat sich nach mehreren Wahlschlappen der Partei zurück. Er bleibt deutscher Bundesinnenminister.

"Bayer wird man durch Einstellung und Überzeugung"

Die CSU soll nach den Worten von Söder bei eingebürgerten Migranten stärker um Wähler werben. "Lasst uns die auch ansprechen", sagte Söder bei einem CSU-Sonderparteitag am Samstag in München. "Bayer wird man nicht nur durch Geburt, sondern durch Einstellung und Überzeugung." Insgesamt müsse sich die CSU neue Milieus in Großstädten erschließen, wo sie bei den vergangenen Wahlen viele Anhänger an die Grünen verloren hatte.

Söder warb für eine Stärkung der EU und einen Kampf gegen "Nationalisten und Populisten". Diese wollten Europa spalten. Scharf griff Söder die AfD an, die von einem EU-Austritt Deutschlands spreche. Die CSU werde gemeinsam mit der CDU für ein gutes Ergebnis bei der Wahl zum Europaparlament Ende Mai kämpfen, bekräftigte Söder. Ziel sei es, dass CSU-Vizechef Manfred Weber als Spitzenkandidat der europäischen Konservativen Rückenwind bekomme, um später neuer Chef der EU-Kommission zu werden.

Seehofers nachdenklicher Abschied

Der scheidende CSU-Chef Seehofer sieht die Christsozialen weiterhin als "bärenstarke Volkspartei". Die CSU habe in den vergangenen gut zehn Jahren, seit er das Amt übernommen habe, gute Politik gemacht und große Erfolge gefeiert, sagte der 69-Jährige am Samstag in seiner Rede beim Sonderparteitag in München.

"Heute gebe ich das Amt des Parteivorsitzenden mit großer Dankbarkeit und auch mit Stolz in die Hände meiner Partei zurück", sagte Seehofer und fügte hinzu: "Ich gebe heute das Amt weiter, aber es bleibt bei mir ein glühendes Herz für meine politische Familie CSU." Dass er Vorsitzender dieser Partei sein konnte, betrachte er als "großes Geschenk in meinem Leben". "Das war die Realisierung eines Lebenstraumes."

Horst Seehofer
Horst Seehofer © (c) APA/AFP/CHRISTOF STACHE (CHRISTOF STACHE)

Seehofer will sich auch nach seinem Rücktritt als CSU-Chef weiterhin nicht zu den heftigen internen Machtkämpfen der vergangenen Jahre äußern - nach eigenen Worten aus Rücksicht auf seine Partei. "Ich bin froh darüber, dass ich vieles hingenommen habe, geschluckt habe, nie darüber geredet habe", sagte der 69-Jährige am Samstag in seiner Abschiedsrede. Und er habe dies auch in der Zukunft nicht vor, betonte er.

"Es gab einige Misshelligkeiten"

Seehofer sagte, es habe seit der Bundestagswahl 2017 "einige Misshelligkeiten" gegeben. "Ich habe darauf nie in der Breite oder gar in der Tiefe reagiert", sagte er. "Denn wenn man so lange in der Partei tätig ist wie ich, ist einem die Partei ans Herz gewachsen."

Die CSU bestehe seit 73 Jahren, davon habe er zwei Drittel an vorderer und vorderster Front mitgewirkt. "Ich glaube, alleine aus dieser Zeit wird klar: Da wächst einem etwas ans Herz. Und man wird als Parteivorsitzender alles vermeiden, was aus Eigenverschulden sozusagen Schaden für dieses Herz anrichtet", betonte Seehofer. Konkreter sagte er dazu nichts, er fügte lediglich hinzu: "Es gehört auch zur Ehrlichkeit, dass wir dies heute kurz ansprechen."

Nach der Pleite bei der Bundestagswahl 2017 hatte die CSU Seehofer als erstes aus dem Amt des Ministerpräsidenten gedrängt. Und nach dem Verlust der absoluten Mehrheit bei der Landtagswahl im Herbst 2018 musste er auf Druck der Partei auch den Vorsitzendenposten abgeben.

"Verachtet mir die kleinen Leute nicht"

Seehofer hat seiner Partei das Kümmern um die sogenannten kleinen Leute ins Stammbuch geschrieben. "Verachtet mir die kleinen Leute nicht." Kleine Leute seien jene rechtschaffenen Bürger, die "in ihrer Verantwortung für Familie und Partnerschaft leben, in Ausbildung und Beruf stehen, Kinder großziehen und etwa durch ihr Engagement im Ehrenamt weitaus mehr tun, als ihre Pflicht wäre".

Die 852 Delegierten verabschiedeten Seehofer mit langem Applaus. Zu seinem Nachfolger soll im Anschluss Markus Söder gewählt werden.

Söder schlug den scheidenden Vorsitzenden Seehofer als Ehrenvorsitzenden der Partei vor. Seehofer solle dieses Ehrenamt neben den früheren Parteichefs Theo Waigel und Edmund Stoiber bekleiden, sagte Söder am Samstag vor seiner geplanten Wahl zum neuen Vorsitzenden beim CSU-Parteitag in München.

Söder würdigte die Verdienste des nach zehn Jahren aus dem Amt scheidenden Seehofers, mit dem ihn lange Zeit eine heftige Konkurrenz verbunden hat: "Horst Seehofer hat sich in der Geschichte der CSU um diese Partei verdient gemacht." In der Zeit von Seehofers Vorsitz habe die CSU große Erfolge und manche Niederlage erlebt, sagte der bayerische Ministerpräsident. Was nach diesen Jahren bleibe, "ist eine große Lebensleistung" von Seehofer.

"Ein Signal der Geschlossenheit"

Söder hat seine Partei zum Zusammenhalt aufgerufen. Ihm sei wichtig, dass die CSU auf ihrem Parteitag "ein Signal der Geschlossenheit" setze, sagte Söder am Samstag unmittelbar vor Beginn des Delegiertentreffens in München vor Journalisten. Söder wollte sich dabei nicht festlegen, welches Wahlergebnis er sich bei seiner geplanten Wahl zum neuen CSU-Chef erhofft. CSU-intern gilt nur ein Ergebnis von mindestens 90 Prozent Zustimmung als klare Unterstützung der Partei.

Söder bekräftigte, er wolle die CSU erneuern und modernisieren. "Wir müssen uns auf die neuen Herausforderungen einstellen." Die CSU soll für ihre Anhänger eine "Schutzmacht" gegen globale Herausforderungen sein.

Söder kündigte angesichts spalterischer Tendenzen in Europa und von AfD-Forderungen nach einem Austritt Deutschlands aus der EU den vollen Einsatz seiner Partei für die europäische Idee an. Es drohe ein "Rückfall in urnationalistische Zeiten", warnte Söder beim CSU-Parteitag. Nationalisten und Populisten wollten das einige Europa spalten. Die CSU werde sich mit aller Kraft gegen solche Entwicklungen stemmen, rief der bayerische Ministerpräsident und betonte: "Wir sind eine ureuropäische Partei."

"Gemeinsame neue Stärke von CDU und CSU"

Söder will das Verhältnis zur Schwesterpartei CDU wieder verbessern. "Wir brauchen in der Zusammenarbeit von CDU und CSU eine neue Form, ein neues Kapitel, das wir aufschlagen", sagte Söder. "Es ist Zeit für eine gemeinsame neue Stärke von CDU und CSU in Deutschland."

Das Verhältnis von CDU und CSU war über den Kurs in der Flüchtlingspolitik bis an den Rand des Bruchs belastet worden. Söder sagte, die CSU sei auch weiterhin kein Landesverband der CDU. Er wolle aber "Profil mit Stil". Leitmotiv für das Jahr 2019 könnte "Effizienz statt Effekt" sein, fügte er hinzu.