Was hat die Bewegung #MeToo aus Ihrer Sicht
verändert?
BJÖRN SÜFKE: Diese Bewegung hat einen gesellschaftlichen Missstand aufgezeigt, sie hat der Frauenbewegung einen Push gegeben und ist stärker an die Männer herangekommen. Vor allem bei den jungen Männern hat sie ein Nachdenken ausgelöst.

Wie erleben Sie die Reaktionen der Männer?
Bei mir haben sich im letzten Jahr viele junge Männer gemeldet, die durchaus reflektiert und aufgeklärt sind, selbst keine Übergriffe begehen, aber nicht wissen, wie sie reagieren sollen, wenn sie von Frauen hart attackiert werden. Die Vehemenz dieser Bewegung hat junge Männer doch auch verunsichert.

Zerstört die Vehemenz dieser Bewegung die Basis der Diskussion?
Natürlich wäre es besser, wenn die Diskussionen im gegenseitigen Verständnis abliefen, andererseits bringen gerade die Vehemenz und die vielen Mitstreiter das Thema an die Öffentlichkeit. Nur so kann man gesellschaftlichen Diskurs überhaupt anstoßen.

Was braucht es, um die Dinge zu verändern?
Die Gesellschaft muss endlich verstehen, dass wir keinen Kampf Männer gegen Frauen führen, auch wenn die #MeToo-Debatte manchmal in diese Richtung geht. Wir müssen verstehen, dass die Geschlechterverhältnisse uns beide betreffen, wir leiden alle unter traditionellen Rollenverständnissen, die Männer genauso wie die Frauen.

Ihr Appell an die Männer lautet: Emanzipiert euch! Wie soll diese Emanzipation genau aussehen?
Das heißt, die Männer sollen sich von traditionellen Zuschreibungen lösen. Sie sollen sich aber auch nicht den modernen Zuschreibungen unterordnen, wenn sie das selbst nicht wollen, stattdessen sollen sie selbst entscheiden, wie sie als Männer sind und sein wollen. Um in dieser Debatte etwas weiterzubringen, müssen wir endlich verstehen, dass es für eine geschlechtergerechte Gesellschaft auch eine Emanzipation des Mannes braucht.

Welche Frauen braucht es, um Männer in ihrer Emanzipation zu stärken?
Das lässt sich vor allem an der Elternschaft gut festmachen. Dort braucht es natürlich Männer, die sich engagieren. Dazu braucht es aber auch Frauen, die bereit sind zu sehen, dass Männer genauso gut die Kinder betreuen, versorgen und erziehen können.