Bei einer gemeinsamen Ausstellungseröffnung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den gegenseitigen ehrlichen Umgang hervorgehoben. Kurz betonte am Mittwochabend in der Eremitage in St. Peterburg, dass "wir trotz unterschiedlicher Ansichten in geopolitischen Fragen stets in Dialog miteinander treten können und mit Ehrlichkeit begegnen können".
Putin lobte die Ausstellung, die 14 Bild-Paare aus der Eremitage und dem Kunsthistorischen Museum zeigt, als wichtigen Beitrag für die bilateralen Beziehungen. Initiativen wie diese "bereichern die persönlichen, zwischenmenschlichen Kontakte". Die Schau "bestätigt die Verbindungen in Geschichte und Kultur" und diene dem "gegenseitigen Verständnis und der Freundschaft zwischen unseren Ländern", so Putin.
Kurz ergänzte, dass Kunst "die gemeinsame Sprache der Völker ist". Die Gemälde seien "Zeuge unserer gemeinsamen Geschichte". Kunst baue aber auch auf Ehrlichkeit auf, den Herrschern werde ein "Spiegel vorgehalten". Das könne "bequem" sein oder auch "unbequem und kritisch sein, je nachdem, wo man gerade selbst steht".
Sowohl Kurz als auch Putin dankten den Sponsoren der Ausstellung: OMV und Gazprom. Die Unternehmenschefs Rainer Seele und Alexej Miller befanden sich unter den Gästen der exklusiven Ausstellungseröffnung. Für die Öffentlichkeit wurde die Eremitage gesperrt. Die allgemeine Eröffnung findet am Donnerstag statt.
Thema Syrien
Wladimir Putin erwartet Entspannung in der syrischen Rebellenhochburg Idlib. "Militärische Auseinandersetzungen brauchen wir nicht", sagte Putin am Mittwochabend in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Sebastian Kurz in St. Petersburg. Allerdings bereiteten ihm Angriffe aus Idlib Sorgen. Russland müsse auf Angriffe auf russische Militäreinrichtungen reagieren.
Putin bekräftigte dabei auch die Zusammenarbeit mit der Türkei, nachdem er sich mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im September auf eine rund 20 Kilometer breite Pufferzone geeinigt hatte. Russland arbeite "solidarisch" mit seinen "türkischen Partnern" zusammen, sagte Putin. "Wir sehen, dass sie ihren Teil der Verpflichtungen erfüllen." Putin und Erdogan wollen nach seinen Angaben "gemeinsame Patrouillen von türkischen Streitkräften und russischer Militärpolizei".
Kurz begrüßte die Ankündigung Putins, der sich zuvor für einen vollständigen Abzug ausländischer Truppen aus Syrien nach einem Sieg über die Terrormiliz IS ausgesprochen hatte. Auch iranische Truppen müssten abziehen, forderte Kurz. Es gebe "zu viele Regionalmächte und zu viele Supermächte", die im Konflikt involviert seien. Und der Kanzler äußerte seine Hoffnung, dass die Möglichkeiten der UNO für den Dialog, also die "bestehenden und funktionierenden UNO-Formate auch genutzt werden".
Europa soll sich an Wiederaufbau beteiligen
Putin forderte die Beteiligung Europas am Wiederaufbau Syriens. Er sei der Meinung, dass Europas Unterstützung für die syrische Bevölkerung "entpolitisiert" werden sollten. Europa solle nicht unterscheiden, ob die Menschen in vom Regime Assad kontrollierten Gebieten leben oder in Gebieten, die "Kämpfer und systemische Opposition" kontrollieren, so Putin.
Europa habe ein starkes Interesse daran, dass die Flüchtlinge zurückkehren, argumentierte der russische Präsident. Viele Flüchtlinge wären bereits nach Hause gekommen, wenn Wasserleitungen, Stromleitungen und Infrastruktur für den Transport von Nahrungsmittel und Medikamenten wieder aufgebaut worden wären. Putin erwähnte außerdem die "hohen Sozialleistungen", die Asylwerber in Ländern wie Deutschland bekämen. Es sei eine "europäische Angelegenheit, wenn Ihr hohe Sozialleistungen zahlen wollt", Leistungen, die "dreimal so hoch" seien wie die Gehälter in den Heimatländern der Flüchtlinge.
Kurz erwiderte, dass die EU der "größte Zahler an Entwicklungshilfe und Hilfe vor Ort" weltweit sei. Wiederaufbau in Syrien sei notwendig. Wiederaufbau könne aber "nur stattfinden, wenn der Krieg endlich beendet wird". Das bedeute auch, den "Stellvertreterkrieg endlich zu beenden". Kurz: "Russland ist meiner Meinung nach ein großes Land und eine Supermacht, hat eine große Verantwortung bei der Suche nach einer politischen Lösung in der Ukraine und in Syrien."