Um 10 Uhr Ortszeit (16 Uhr Europäischer Zeit) wird eine Anhörung über die US-Fernsehschirme flimmern, die Potential hat, eine historische zu werden. Der erzkonservative Jurist Brett Kavanaugh, dessen Name in Washington derzeit in aller Munde ist, muss erneut vor dem Justizausschuss des Senates Platz nehmen. Und diesmal geht es nicht darum, dem von US-Präsident Donald Trump für das Amt des US-Höchstrichters vorgeschlagenen Kandidaten inhaltlich auf den Zahn zu fühlen. Kavanaugh muss zu sehr ernsten Vorwürfen gegen ihn Stellung nehmen. Drei Frauen werfen ihm sexuelles Fehlverhalten vor, auf eine davon wird er an diesem Vormittag treffen: Christine Blasey Ford.

Nach langem Hin und Her hatte die Professorin zugestimmt, vor dem Ausschuss auszusagen. Ford hatte in den letzten Tagen mit schweren Vorwürfen gegen Kavanaugh für Wirbel gesorgt. Es habe bei einer Highschool-Party versucht, Ford zu vergewaltigen. Mehr dazu lesen Sie hier. Sie wird heute zu eben diesen Vorwürfen befragt, Kavanaugh wird dazu Stellung nehmen.

Ähnliches Hearing in 90ern

Warum das Hearing historisch werden könnte? Weil Amerika ein solches Hearing bereits in den 90er gesehen hat, das weitreichende Folgen hatte. 1991 beschuldigte Anita Hall den damaligen Kandidaten Clarence Thomas - ihren ehemaligen Vorgesetzten - der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz. Die Art und Weise, wie Hall damals befragt wurde, sorgte für landesweite Empörung. Hall wurde aggressiv verhört, am Ende wurde Thomas dennoch Richter am Obersten Gerichtshof. Die Folge: Nach den darauf folgenden Kongresswahlen saßen doppelt so viele Frauen im Kongress wie zuvor, Republikaner verloren deutlich an Zustimmung. Diesen Fehler wollen sie nicht noch einmal begehen und zeigen sich im Fall von Ford auffallend vorsichtig.

Ford ist aber nicht die einzige Frau, die Kavanaugh sexuelles Fehlverhalten vorwirft. Eine Frau aus Washington, Julie Swetnick, erklärte am Mittwoch, dass Kavanaugh in den 80er-Jahren mehrfach auf Parties in angetrunkenem Zustand Frauen sexuell belästigt und begrapscht haben soll. Zudem habe er - gemeinsam mit anderen - versucht, Frauen mit gepanschten Drinks willenlos zu machen, um sie dann zu missbrauchen. Sie selbst sei damals Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden und zwar bei einer Party, bei der auch Kavanaugh anwesend gewesen sein soll.

Trump: "Werde genau zusehen"

Sexuelle Belästigung wird dem Richter auch von einer dritten Frau vorgeworfen. Kavanaugh habe sich vor ihr entblößt und ihr sein Geschlechtsteil ins Gesicht gedrückt. Kavanaugh bestreitet bisher alle Vorwürfe.

Der Ablauf des heutigen Hearings wird also spannend. Vor allem, da Trump selbst bei einer Pressekonferenz am Vortag erstmals Zweifel an Kavanaugh anklingen hatte lassen. Sollten die Vorwürfe von Ford glaubhaft sein, dann "könnte ich überzeugt werden", erklärte Trump. Es werde "interessant zu hören, was sie zu sagen hat". "Ich werde genau zusehen."