Zum zweiten Mal in weniger als vier Monaten hat ein russisches Gericht den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny zu einer Haftstrafe verurteilt. Ein Gericht in Moskau befand den Oppositionellen am Montag für schuldig, bei der Organisationen landesweiter Demonstrationen im Jänner gegen das Gesetz verstoßen zu haben.

Das Moskauer Gericht begründete die 30-tägige Haftstrafe am Montag damit, dass Nawalny zu einer nicht genehmigten Demonstration aufgerufen habe und in dieser Hinsicht ein Wiederholungstäter sei.

Erst Mitte Juni war Nawalny nach 30 Tagen Haft aus dem Gefängnis entlassen worden. Nawalny kritisierte das neuerliche Urteil als politisch motivierten Versuch, ihn an der Vorbereitung weiterer Protestkundgebungen zu hindern. Am Wochenende hatte Nawalny zu neuen Protestkundgebungen in mehreren russischen Städten am 9. September gegen die unpopuläre Pensionsreform der Regierung von Staatspräsident Wladimir Putin aufgerufen. Am Samstag folgte die Festnahme.

"Arrest verändert nichts"

Über Twitter rief Nawalny seine Anhänger nach der Verurteilung dazu auf, weiter für diese Kundgebungen zu werben. Die Staatsmacht solle "nicht denken, dass der Arrest für mich etwas ändert".

"In den vergangenen Jahren haben die Behörden in keinem einzigen Fall unsere Anträge für Kundgebungen gebilligt", hatte er vor der Verhandlung in Moskau gesagt. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Verfahren eine 219 Seiten lange Anklageschrift vorgelegt. Nawalnys Verteidiger bat das Gericht um zwei Tage Zeit, um die Vorwürfe zu prüfen. Richter Alexej Steklijew räumte ihm dafür aber nur 30 Minuten ein.

Vor Haus festgenommen

Die Polizei hatte Nawalny am Samstag vor seinem Haus in Moskau festgenommen. Wenige Stunden zuvor hatte er zu den Protesten für den 9. September gegen die Pensionsreform aufgerufen. Nach Plänen der Regierung sollen Männer künftig erst mit 65 Jahren und Frauen mit 63 Jahren in den Ruhestand gehen. Bisher müssen Frauen in Russland bis zum 55. Lebensjahr arbeiten, Männer bis zum 60. Lebensjahr. Die Zustimmungswerte für Präsident Putin sind seitdem drastisch eingebrochen.

Während der Festnahme am Samstag wurde Nawalny nach Angaben seiner Sprecherin leicht verletzt. Er sei nach dem Aufenthalt in der Polizeiwache kurz im Krankenhaus behandelt worden - offenbar wegen eines gebrochenen Fingers.

Der Regierungskritiker saß wegen seiner politischen Aktivitäten bereits mehrfach im Gefängnis. Zuletzt war er Mitte Mai zu 30 Tagen Haft verurteilt worden, die Strafe saß er komplett ab. Zu der Haftstrafe war er wegen der Proteste gegen die neuerliche Vereidigung Putins nach der Präsidentenwahl verurteilt worden. Unter dem Motto "Nicht mein Zar" hatte Nawalny am 5. Mai, kurz vor der Vereidigung, zu landesweiten Protesten aufgerufen. Tausende Menschen folgten dem Aufruf und gingen in zahlreichen Städten auf die Straße.