Spitzenbeamte ("Sherpas") von zwölf EU-Staaten, darunter Österreich, sind am Freitag in Brüssel zusammengekommen, um eine Lösung im Streit um das italienische Küstenwachenschiff "Diciotti" und andere Flüchtlingsschiffe zu finden. Die EU-Kommission dämpfte die Erwartungen und warnte Italien vor Drohungen.
Italien hat der Europäischen Union mit einem Zahlungsstopp seiner monatlichen EU-Beiträge gedroht, sollte es keine rasche Einigung auf eine Übernahme der Flüchtlinge auf der "Diciotti" durch die EU-Partner geben. "In Europa führen Drohungen zu nichts", sagte ein Kommissionssprecher. Die EU gründe auf Regeln, dies gelte auch für die Budgetzahlungen.
Für eine Lösung für die "Diciotti" verantwortlich seien in erster Linie die EU-Mitgliedstaaten und nicht die EU-Kommission. Ohne Italien beim Namen zu nennen, betonte der Sprecher, man sollte sich jetzt nicht in Schuldzuweisungen üben.
Keine Entscheidungen erwartet
Es seien keine Entscheidungen von dem informellen Sherpa-Treffen zu erwarten, sagte eine EU-Kommissionssprecherin. Das Treffen sei breiter angelegt und sollte zu strukturelle Lösungen führen, um nicht für jedes Schiff einzeln einen Ausweg finden zu müssen. Die Sprecherin bestätigte, dass die eingeladenen zwölf Staaten an dem Treffen teilnehmen. Laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA sind dies Italien, Frankreich, Deutschland, Österreich, Spanien, Portugal, Luxemburg, die Niederlande, Belgien, Malta, Griechenland und Irland.
Auf Spekulationen, was passiert, wenn Italien seine EU-Beiträge nicht zahlt, wollte die EU-Kommission nicht eingehen. Ein Sprecher betonte, dieses Szenario habe es noch nie gegeben. Die EU-Staaten hätten eine klare rechtliche Verpflichtung, jeden Monat ihren Anteil zu zahlen. Italien sei derzeit Nettozahler, sagte der Sprecher. Das Land habe in den vergangenen drei Jahren jeweils zwischen zehn und zwölf Mrd. Euro an EU-Hilfen erhalten, vor allem für Strukturhilfen, Investitionen und Forschung. Erst kürzlich habe die EU-Kommission Italien mit neun Millionen Euro zur Bewältigung der Migration unterstützt.
Ungarn und Belgien wollen keine Migranten aufnehmen
Ungarn und Belgien wollen keinen der 150 Migranten an Bord des Schiffes "Diciotti" der italienischen Küstenwache aufnehmen, die seit vier Tagen auf die Landung warten. Dies berichteten italienische Medien am Freitag. Der italienische Außenminister, Enzo Moavero Milanesi, beschwerte sich indes über mangelnde Kooperationsbereitschafts seitens der EU-Partner.
Der italienischen Außenminister hatte am Donnerstag seinen ungarischen Amtskollegen Peter Szijjarto getroffen und ihn zur Aufnahme eines Teils der "Diciotti"-Flüchtlinge aufgerufen. Dieser lehnte jedoch ab, teilte das Außenministerium in Rom am Freitag mit.
Die Einwanderungspolitik der italienischen und ungarischen Regierung seien sich in mehreren Aspekten ähnlich. "Die ungarische Regierung arbeitet mit all jenen zusammen, die der Meinung sind, dass die Priorität der Kampf gegen Schlepperei und Grenzschutz sind", so der ungarische Außenminister. "Wir dürfen keiner Erpressung nachgeben: Weder jener der Schlepper noch jener der sogenannten Hilfsorganisationen", sagte Szijjarto nach Angaben italienischer Medien.
"Das ist nicht die Lösung"
Auch Belgien will keine Flüchtlinge aus Italien aufnehmen. Der belgische Innenminister Theo Francken erklärte, sein Land sei nicht mehr bereit, illegale Migranten aus Nordafrika aufzunehmen. "Das ist nicht die Lösung", sagte Francken nach Medienangaben.
Moavero Milanesi betonte, dass sich Italien mehr Unterstützung seitens der EU-Partner im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik erhofft hatte. "Italien hat jahrelang tausende Menschenleben gerettet. Auch in den letzten Monaten haben wir kontinuierlich Menschen in Seenot gerettet, was die anderen EU-Partner auch mehrmals anerkannt haben. Wir fordern, dass auf schöne Worte jetzt konkrete Handlungen, wahre Solidarität folgt", so der Außenminister.